Neues Deutschland: Kommentar zur Abschaffung der Praxisgebühr
Berlin (ots)
Die FDP in Schleswig-Holstein plant im Landtagswahlkampf eine Unterschriftenaktion gegen die Praxisgebühr und der nordrhein-westfälische liberale Spitzenkandidat Christian Lindner argumentiert ebenfalls für ihre Abschaffung. Im Bundestag hingegen schiebt der Bundesgesundheitsminister von der gleichen Partei die Entscheidung in weite Ferne. Wie soll man das nennen? Politik oder Klamotte? Und vor allem: Wie soll man das verstehen? Eigentlich muss man das gar nicht verstehen. Es gehört seit ihrer Einführung zur diffusen Gemengelage in Sachen Praxisgebühr, dass nie jemand sagt, worum es hier wirklich geht. 2004 ging es schlicht ums Geldeintreiben für die Krankenkassen und man erfand die gewünschte Steuerungsfunktion der Praxisgebühr. Der Volkszorn durfte sich über der sozialdemokratischen Bundesgesundheitsministerin entladen, der man alles in die Schuhe schob, obwohl ihr die Union die Idee aufgezwungen hatte. Die Grünen hielten still und meckerten im Hintergrund. Auf die LINKE, von Anfang an gegen die Praxisgebühr, hörte niemand. Angesichts der Überschüsse bei den Krankenkassen und anhaltender Forderungen aus Fachkreisen ist es inzwischen aber unumgänglich, über die Abschaffung der Praxisgebühr zu sprechen. Statt das endlich mal zu tun, waren ein paar Hanseln im Bundestag gestern Zeuge einer unwürdigen Veranstaltung, auf der selbstsüchtige Profilneurotiker einander das Wort im Munde verdrehten und Anträge zurückwiesen, die sie vorher noch geschlossen befürwortet hatten.
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