Neues Deutschland: Altersarmut und soziale Spaltung: Die Abreise der Reichen
Berlin (ots)
Als letzte Warnung wird gewöhnlich die Vorstellung sozialer Unruhen bemüht. Wer nicht wolle, dass die Gesellschaft zerreißt, solle darauf achten, dass sie nicht zu weit auseinanderdriftet. Auch der Regierungsbericht zu Armut und Reichtum und die Auskunft der Bundesregierung über das sprunghafte Wachstum der Altersarmut haben diese Warnung wieder laut werden lassen. Doch wer allein die Revolution fürchtet, hat keinen Grund zu großer Sorge. Auch Sozialpolitiker in den Regierungsreihen, wenn die Funktionsbeschreibung denn zutrifft, sind unbesorgt. Einen Grund für soziale Unruhe können sie nicht erkennen. Die Arbeitslosigkeit sei gesunken, die Dauer der Hartz-IV-Biografien nehme ab, alles laufe genauso, wie es gedacht war. Mehr oder weniger deutlich klangen die Worte der Koalitionäre, die ein Blick auf die Statistik weder beunruhigt, wenn sie ihn auf die untere Hälfte der Gesellschaft richten, noch beschämt, wenn sie die superreichen zehn Prozent betrachten, die über 53 Prozent des privaten Vermögens verfügen. Wer angesichts zunehmender Armut nicht von sozialer Unruhe erfasst wird, kann auch ruhigen Gewissens Forderungen nach einer Vermögensabgabe oder einer Vermögensteuer abwehren. Und die bedrückende Gegenwarnung der Koalitionäre lautet, dass Vermögende aus Deutschland abwandern könnten. Eine Unruhe also ist es doch, die sie fürchten - die Reiselust der Reichen. Da sollte man vielleicht rasch über eine Reisesteuer nachdenken.
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