neues deutschland: Besuch des NATO-Generalsekretärs in Ankara: Die Moral und die Bündnisfrage
Berlin (ots)
Den kurdischen Abwehrkampf in Kobane und die däumchendrehend zusehende türkische Armee vor Augen - das war erklärungsbedürftig für die europäische Öffentlichkeit. Auch hierzulande. Es gab reichlich Empörung oder wenigstens gequälte Gesichter bei den verantwortlichen Politikern. Die NATO, so die fast parteiübergreifende Ansicht, solle endlich Druck ausüben auf Ankara. Etwa so wurde es auch dem neuen Generalsekretär Jens Stoltenberg für seinen Ankara-Besuch über die Medien zugerufen. Derlei Erwartungen haben aus moralischer und natürlich - die Bundesregierung betont das sonst gern mit verbaler Vehemenz - menschenrechtlicher Sicht jede Berechtigung. Allerdings ist zu bezweifeln, dass maßgebliche deutsche Politiker dies dann auch als ernst gemeinten Auftrag an Stoltenberg herangetragen haben. Von lautkräftigen Auftritten mit Träne im Knopfloch sollte man sich nicht täuschen lassen. Außenpolitiker Philipp Mißfelder, auch sonst gern der Mann fürs Grobe in der Union, belehrte anderes Hoffende mit der Feststellung, »Schuldzuweisungen oder Verdächtigungen gegenüber einem NATO-Partner machen keinen Sinn und sind außenpolitisch kontraproduktiv«. Außerdem: Wenn der NATO-Kapitän Vorgaben zu beachten hat, dann vom Mutterschiff in Washington. Wenn es von dort ernsthafte Kritik an der Türkei gegeben haben sollte, so ist davon aber rein gar nichts offenkundig geworden.
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