Neues Deutschland: Mauerfall
Berlin (ots)
Heute vor 16 Jahren waren die Deutschen dies- und jenseits der Mauer im Rausch. Tränen, Umarmungen, »Wahnsinn«-Rufe, fliegende Bananen, hupende Trabis, knallende Sektkorken. Die Ernüchterung kam bei den einen wie den anderen - mal schneller, mal langsamer. Die Ostdeutschen wurden in den Augen derer aus dem anderen Landesteil schnell zu viel zu teuren Jammerossis. Weil sie ihren Arbeitsplätzen hinterherweinten, ihren Kindereinrichtungen, ihren Polikliniken. Die Westdeutschen wiederum waren alsbald zwischen Rügen und Erzgebirge als gefühllose Abwickler, gar nicht treue Treuhänder und nervende Besserwessis verschrien, die sich auf Kosten des Ostens sanierten. Nur langsam setzte sich bei vielen die Erkenntnis durch, dass nicht Ost oder West das Problem im einig Vaterland ist - sondern, wie die da oben mit denen da unten beiderseits der längst abgerissenen Mauer umgehen. Und mehr und mehr, nicht ohne Rückschläge, gewannen Menschen Akzeptanz, die Alternativen dagegen setzten. Und weil sie dabei nicht eben erfolglos waren und Lothar Bisky dafür auch ganz persönlich steht, wurde gestern im Bundestag wieder tüchtig gemauert. Von Parteipolitikern aller Couleur und geografischer Herkunft, denen der Grundsatz »Teile und herrsche« nach wie vor bewahrenswerter scheint als ein Miteinander auf Augenhöhe und unter Achtung unterschiedlicher Biografien. Das Parlament höchstselbst hat die Einheit erneut vertagt.
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