Neues Deutschland: zum Abschluss des G8-Gipfel in Heiligendamm
Berlin (ots)
Für Gastgeberin Angela Merkel muss dieser G8-Gipfel ein wahrer Jungbrunnen gewesen sein. Beobachter meinten, sie wirke nach dem Klima-Kompromiss um Jahre verjüngt. Wladimir Putin, als grimmiger kalter Krieger aus Moskau angekündigt, zeigte sich überaus locker und grinste spitzbübisch, nachdem er seinen Raketenabwehrcoup gelandet und die US-amerikanische Delegation zeitweise regelrecht sprachlos gemacht hatte. EU-Kommissionschef Barroso fand's überhaupt super in Heiligendamm und wunderte sich öffentlich, dass es da Proteste gegeben haben soll. Nur dem selbst ernannten Führer der freien Welt ist das Ganze irgendwie auf den Magen geschlagen, von einem »unerklärlichen Unwohlsein« war die Rede. USA-Präsident Bush hatte am gestrigen Abschlusstag dann auch lediglich Zeit für Bilaterales mit wichtigen Bündnispartnern. In der Gipfelrunde waren ja nur eine Handvoll Kollegen aus Afrika zum mehr symbolischen Gespräch geladen. Die Zusammensetzung dieser »Weltregierung« ohne Mandat ist auch mit dem Katzentisch für die wichtigsten Schwellenländer anachronistischer denn je. Dabei musste Bush nicht einmal unzufrieden sein, konnte er doch bei der zum Kern des Treffens erklärten Klima-Vereinbarung das Gesicht wahren, ohne verbindlich zu werden. Mit der Übereinkunft von Heiligendamm 2007 bewegt man sich in etwa auf der Beschlusslage der UNO aus dem Jahr 1992. Es gibt keine Aussage zur Begrenzung des Temperaturanstiegs, keine Verständigung auf Emissionsreduktionen der Industriestaaten, keine Entscheidung, die Urwald-Abholzung zu stoppen. Das alles war symptomatisch für die gesamte Veranstaltung. Klopft man ihre Worthülsen ab, zeigt sich schnell, wie wenig Substanz die Beschlüsse haben. Beim gestrigen Schwerpunktthema Afrika wurden lediglich noch einmal die Versprechungen vom Gipfel in Gleneagles aufgewärmt. Die mit viel Tamtam angekündigten zusätzlichen Riesensummen für die Entwicklungshilfe und den Kampf gegen Aids schrumpfen, je genauer man zusammenzählt, und sind weit entfernt von früheren Versprechungen, genau 27 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2010. Es fehlen Visionen, nachhaltige Konzepte und konkrete Zusagen für umgehende Hilfe. Vielmehr schreibt die Gipfelerklärung die ungezügelte Globalisierung nach den Spielregeln der reichen Industriestaaten fort. Außer gewaltigen Spesen ist bei diesem Schaulaufen im luxuriösen Hochsicherheitstrakt von Heiligendamm am Ende nicht viel gewesen. Überzeugend wurde nur der Nachweis geführt, wie überflüssig der G8-Gipfel in dieser Form ist.
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