Schulische Integration ist das Stiefkind deutscher Bildungspolitik
UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen: Lebenshilfe fordert bundesweites Wahlrecht für Eltern behinderter Kinder
Marburg (ots)
Der morgige Tag kann ein ganz bedeutender für behinderte Menschen weltweit und in Deutschland werden. Mit einer feierlichen Zeichnungszeremonie wird am 30. März bei den Vereinten Nationen in New York der Ratifizierungsprozess für die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen gestartet. Deutschlands Regierung hat zugesagt, an diesem Tag mit ihrer Unterschrift ein klares Signal für behinderte Menschen setzen zu wollen. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung begrüßt diesen Schritt, fordert aber auch, dass nun in Deutschland dringend Taten folgen müssen. So sei die schulische Integration noch heute das Stiefkind deutscher Bildungspolitik.
Gerade erst hat UN-Berichterstatter Vernor Munoz Villalobos dem deutschen Bildungssystem für die Ausgrenzung behinderter Kinder durch Sonderschulen eine schlechte Note gegeben. Die UN-Konvention spricht in ihrem Artikel 24 (Bildung) eine ebenso klare Sprache: "... Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Grundschulunterricht und einer entsprechenden Sekundarschulbildung haben ..."
Davon ist Deutschland als reiche Industrienation noch weit entfernt. Laut der Lebenshilfe lernten im Jahr 2003 weniger als drei Prozent aller geistig behinderten Kinder gemeinsam mit nicht behinderten Kindern, über 97 Prozent der geistig behinderten Kinder besuchten eine Sonderschule. Das föderale Schulsystem führt obendrein dazu, dass ein geistig behindertes Kind im Bundesland A schlechtere Chancen auf eine integrative Beschulung hat als ein Kind im Bundesland B.
Die Lebenshilfe fordert daher für Eltern behinderter Kinder ein bundesweit gültiges Wahlrecht. "Wir Eltern wollen selbst entscheiden, ob unser Kind in die Sonderschule oder eine wohnortnahe allgemein bildende Schule gehen soll", sagt Tina Winter (Wetzlar), Mutter einer Tochter mit Down-Syndrom und Mitglied im Bundesvorstand der Lebenshilfe. Die Schulgesetze aller Bundesländer sollten dahingehend geändert werden, aber ohne den gern verwendeten Zusatz "unter Haushaltsvorbehalt". Der sonderpädagogische Förderbedarf, auf den ein Kind mit Behinderung einen Anspruch hat, müsste dann in der Schule umgesetzt werden, in die das Kind auf Elternwunsch hin aufgenommen wird. Im Kindergarten werde dies heute schon vielerorts mit Erfolg praktiziert.
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