Hartz IV erschwert Frauen Zuflucht ins Frauenhaus
Frauenhausträger protestieren gegen Tagessatzfinanzierung
Frankfurt (ots)
Hartz IV erschwert Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, zunehmend die Zuflucht in Frauenhäusern. Dies beklagen Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern aus ganz Deutschland.
Frauenhäuser aller Träger und Verbände mahnen erstmals gemeinsam in einem Positionspapier: "Der Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt darf nicht an den Kosten scheitern." Es gehe nicht länger an, dass Bund, Länder und Kommunen sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben würden. Sie fordern, die Finanzierung der Unterkunft und die Unterstützung im Frauenhaus über einzelfallbezogene Tagessätze müsse dringend durch eine generelle institutionelle Finanzierung der Frauenhäuser ersetzt werden.
Etwa 40 000 Frauen suchen jährlich Schutz im Frauenhaus. Über 90 Prozent von ihnen sind im "erwerbsfähigen" Alter und fallen damit seit Januar 2005 in der Regel in den Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches II, das die Grundsicherung für Arbeitsuchende regelt.
Erhielten die Frauen früher im Krisenfall Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, so sind sie jetzt in der Regel gezwungen, zur Finanzierung ihres Aufenthalts im Frauenhaus Eingliederungshilfe für Arbeitssuchende zu beantragen. Dies sei mit einer aufwändigen Überprüfung von Erwerbsfähigkeit, Hilfsbedürftigkeit und einer möglichen Anrechnung von Erspartem verbunden, kritisieren die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen. Das bürokratische Verfahren habe einen regelrechten Abschreckungseffekt und beeinträchtige massiv die Chancen von Frauen, ihren gewalttätigen Partner zu verlassen und eine gewaltfreie Lebensperspektive für sich und ihre Kinder aufzubauen.
Der Kostendruck der Kommunen werde - wie die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre zeigen - verstärkt an die Frauenhäuser weitergegeben. Die Finanzierungsträger drängten zunehmend darauf, den Aufenthalt von Frauen und Kindern in einem Frauenhaus möglichst kurz zu halten, unabhängig vom konkreten Schutz- und Unterstützungsbedarf der Frauen.
Da die Leistungen des SGB II an einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt orientiert seien, deckten sie den speziellen Bedarf von Frauen mit Gewalterfahrung an qualifizierten Unterstützungsangeboten nicht ausreichend ab, so die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen. "Der unmittelbare Zweck der Frauenhausarbeit ist der Schutz und die Beratung und Unterstützung der Frauen und ihrer Kinder."
Die Tagessatzfinanzierung gefährde die Existenz der Frauenhäuser und zwinge ihnen dazu noch ein bürokratisches Aufnahmeverfahren auf. Darüber hinaus würden mit dieser Finanzierung bestimmte Gruppen von Frauen von der Zufluchtsmöglichkeit Frauenhaus generell ausgeschlossen.
Die Frauenhaus-Vertreterinnen fordern deshalb:
Von Gewalt betroffene Frauen und Kinder müssen jederzeit unabhängig von Einkommen, Herkunft, Nationalität oder Aufenthaltsstatus Zuflucht und unbürokratische Unterstützung in einem Frauenhaus ihrer Wahl finden können. Dreißig Jahre nach Eröffnung der ersten Frauenhäuser muss deshalb endlich die gesicherte und pauschale Finanzierung aller Frauenhäuser öffentliche Pflichtaufgabe werden, die gemeinsam von Kommunen, Ländern und Bund zu gewährleisten ist.
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