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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Bayern-Trend: "Große Nervosität vor bayerischer Schicksalswahl"

Regensburg (ots)

Halbzeit im Klausurenmarathon der bayerischen Parteien zum Jahresauftakt - und es zeichnet sich deutlich ab, wie heftig in den nächsten acht Monaten um die politische Macht im Freistaat gerungen werden wird. Aller gespielter Siegessicherheit zum Trotz, herrscht quer über Parteigrenzen hinweg hohe Nervosität: Für die CSU mit ihrem schwächelnden Koalitionspartner FDP ist ungewiss, wie es im Herbst weitergeht. Auf die Rückeroberung der absoluten Mehrheit mag keiner bauen. Das Urvertrauen in die eigene Stärke ist seit dem Debakel bei der Landtagswahl 2008 erschüttert. Für die Liberalen geht's ums Überleben. Für die SPD hätte es eine tief traumatisierende Wirkung, wenn 2013 mit einem schlechten Wahlergebnis ein neues Kapitel der enttäuschten Hoffnungen geschrieben würde. Die Spitzenkandidaten Horst Seehofer (CSU) und Christian Ude (SPD) zeigen sich vor diesem Hintergrund zunehmend dünnhäutig. Das lässt sich an ihren Reaktionen auf die aktuellen Januar-Umfragen ablesen. Beide fühlen sich von Journalisten torpediert: Gestärkt durch ein 47-Prozent-Ergebnis im Bayerntrend des Bayerischen Fernsehens erklärte Seehofer vermeintliche Gegenstrategien der Medien für gescheitert. Ude wehrt sich wiederum dagegen, dass die SPD mit ihrem derzeitigen Ergebnis um die 19 Prozent in Teilen der Medien vorschnell abgeschrieben werde. Umfragen sind keine Wahlen. Diese Binsenweisheit gilt. 2008 hatte sich gezeigt, wie sehr die Demoskopen irren können. Doch hinter Detailergebnissen des aktuellen Bayerntrends verbergen sich für die Spitzenkandidaten von CSU und SPD unangenehme Wahrheiten: Seehofer, der in seiner Partei bekanntlich als Herz-Jesu-Sozialist gilt und auch wegen seiner eigenen Herkunft ein Gespür für die so genannten kleinen Leute hat, wird von der Mehrheit der bayerischen Bürger keineswegs als sozial engagiert wahrgenommen. Sein Politikstil kratzt zudem an seiner Glaubwürdigkeit. Ude gilt - bei aller attestierten Sympathie - nicht als Macher und Problemlöser. Ihm fehlt in der öffentlichen Wahrnehmung auch der bayerische Stallgeruch, der für einen Erfolg im Freistaat essenziell ist. Es sind demoskopische Erkenntnisse, die die beiden Kontrahenten empfindlich schmerzen - vor allem, da auf diese wunden Punkte im Vorwahlkampf bereits kräftig eingeschlagen wird: Die CSU spottet über den Großstadt-OB, die SPD beschimpft Seehofer als Wendehals. Eine Strategie, die in den nächsten Monaten in immer neuen Varianten präsentiert werden wird. Ude schwimmen derweil die Felle davon. Für einen Regierungswechsel in Bayern brauchen SPD und Grüne zwingend die Freien Wähler als dritten Koalitionspartner. Im Bayerntrend verbirgt sich allerdings eine Zahl mit Sprengkraft, die als Vorentscheidung zu deuten ist: 82 Prozent der Freien-Wähler-Anhänger bevorzugen im Fall der Fälle ein Bündnis mit der CSU. Das macht Rechenspiele von Rot-Grün wohl zur Makulatur. Der CSU eröffnet es eine entscheidende Option, falls sich die FDP bis zum Herbst nicht mehr erholt. Das letzte Wort hat die Basis der Freien Wähler. Wohin Aiwanger am Ende selbst tendieren sollte - auf die Entscheidung hat er nur mehr begrenzten Einfluss. Trotz aller Überzeugungskraft, die er bei Parteitagen bewiesen hat: An einer 82-Prozent-Präferenz für die CSU käme er nicht vorbei. So reizvoll es für ihn auch sein könnte, die CSU in die Opposition zu schicken und damit bayerische Geschichte zu schreiben. Autorin: Christine Schröpf

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