Mittelbayerische Zeitung: Von Limburg bis Regensburg: Die Bischöfe haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Leitartikel "Der Tebartz-Effekt" von Stefan Stark
Regensburg (ots)
Es ist natürlich ein reiner Zufall, dass diese beiden Termine just auf denselben Tag fielen: In Regensburg präsentiert das Bistum Regensburg die frisch sanierten Räume des Ordinariats der Öffentlichkeit. In Limburg legt die Diözese nach dem Skandal um die dortige Kostenexplosion in einer beispiellosen Transparenzoffensive ihre Finanzen offen. Ein Vergleich der beiden Projekte drängt sich förmlich auf - wegen der Parallelität der Ereignisse, und vor allem, weil kritische Stimmen einen "halben Tebartz-Bau" in Regensburg wittern. Doch da tut man Bischof Rudolf Voderholzer Unrecht. Mit offiziell 22 Millionen Euro schlägt die aufwendige Sanierung der alten Gemäuer in Regensburg zu Buche, die noch Voderholzers Vorgänger Gerhard Ludwig Müller in Auftrag gab. Das entspricht einem Preis von rund 1650 Euro pro Quadratmeter für ein Gebäude, in dem 130 Menschen arbeiten sollen. Die 22 Millionen erscheinen im Vergleich zu Projekten in der Privatwirtschaft zunächst teuer. In Regensburg wurden zuletzt für ähnliche Summen Bürogebäude errichtet, in denen mehr als dreimal so viele Leute arbeiten. Auch mit Blick auf so manche Pfarrgemeinde, die finanziell aus dem letzten Loch pfeift, wirken die Baukosten für den Bischofssitz fürstlich. Immerhin können sich viele kirchliche Einrichtungen nur dank des Engagements zahlreicher ehrenamtlicher Helfer über Wasser halten. Doch nach Einschätzung von Experten bewegt sich die Investition - falls die Summe so stimmt - im Rahmen dessen, was bei der Sanierung öffentlicher historischer Gebäude anfallen kann. Mindestens zehn Millionen Euro mehr kostet der Umbau des Limburger Bischofspalasts. Dieses Projekt wurde vor allem wegen der langen Liste von Extrawünschen des früheren Bischofs Franz-Peter Tebart-van Elst so teuer. Die "Gärten der Stille" für 667 000 Euro, ein Teich für Koi-Karpfen für 213 000 Euro, das inzwischen berühmte Badezimmer für 30 000 Euro - gemessen daran sind die 865 000 Euro für die Dienstwohnung Voder-holzers im Innenhof des Niedermünsterstifts fast asketisch. Dennoch: Für die überwiegende Mehrheit der Bürger bleibt eine Wohnung für fast eine Million Euro auf ewig ein unerfüllbarer Luxus. Offenbar ist das auch Voderholzer klargeworden. Statt der neuen Bischofswohnung will er nun zwei einfachere Zimmer in dem Gebäudetrakt beziehen. Das ist ein überraschendes Signal einer neuen Bescheidenheit. In Regensburg bemühte sich das Bistum zumindest in der jüngeren Vergangenheit um Transparenz, wie der Presserundgang durch das neue Ordinariat am Freitag zeigt. Das war nicht immer so. Die Heimlichtuerei wurde erst unter dem Eindruck der Tebartz-Affäre beendet. In Limburg wiederum kam die Wahrheit über die wahren Kosten scheibchenweise und nur unter öffentlichem Druck ans Licht. Unhaltbar wurde Tebartz letztlich erst durch seine Falschaussagen, die das Fass zum Überlaufen brachten. Hätte er von Anfang an die Wahrheit gesagt, wäre er vermutlich noch Bischof. Immerhin hat die Kirche aus der Affäre gelernt. Dass die deutschen Bischöfe und Papst Franziskus Tebartz zum Rücktritt drängten, bedeutet ein öffentliches Eingeständnis der eigenen Fehlbarkeit. In der katholischen Kirche Deutschlands gab es vorher nichts Vergleichbares. Und wie jetzt in Limburg legten in den vergangenen Monaten zahlreiche Bistümer ihr bestgehütetes Geheimnis zumindest teilweise offen - ihre Finanzen. Diese neue Transparenz ist eine Reaktion auf die stark gestiegenen Kirchenaustritte in einzelnen Diözesen. Sie ist der Versuch, verlorenes Vertrauen bei den Gläubigen zurückzugewinnen. In das positive Bild passen die jüngsten Personalentscheidungen von Papst Franziskus. So die Berufung von Stefan Oster zum Passauer Bischof, einem Mann, der für Aufbruch und Erneuerung steht. Oder die Ernennung von Rainer Maria Woelki zum Erzbischof von Köln. In seiner Zeit als Berliner Oberhirte fuhr Woelki mit dem Fahrrad zur Arbeit und wohnte zur Miete in einer Mansardenwohnung. Die Kirche bewegt sich doch.
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