Mittelbayerische Zeitung: Shalom, Israel!
Regensburg (ots)
Von Stefan Stark, MZ
Mit Kriegsschiffen als symbolischem Mitbringsel reiste Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach Israel - zum Teil mit deutschen Steuergeldern bezahlt: Das nennt man eine klare Ansage. Shalom, Israel - Frieden schaffen auch mit deutschen Waffen, lautet das Motto der bundesrepublikanischen Staatsräson, zumal die Bundesregierung bereits vorher umstrittene U-Boot-Lieferungen an Israel genehmigte. Kritische Diskussionen sind also vorprogrammiert - und zwar nicht nur in der deutschen Pazifistenszene, sondern in breiten Teilen der Öffentlichkeit, die eine waffenstarrende Politik à la Premier Benjamin Netanjahu auf die Palme bringt. Um es vorweg klar zu sagen: Die Rüstungslieferungen sind gerechtfertigt. Man muss sie als Teil der Garantie der Kanzlerin betrachten, die sie 2008 vor der Knesset gab: Israels Existenzrecht sei nicht verhandelbar und die Sicherheit des Landes Teil der Staatsinteressen Deutschlands. Seit Angela Merkels Rede hat sich die Bedrohungslage in Nahost mit dem Vormarsch der IS-Terrormiliz und dem Kollaps Syriens dramatisch zugespitzt. Israel ist von Feinden umzingelt. Auf der einen Seite stehen Terrortrupps von Hisbollah oder Hamas, deren Raketen die israelischen Städte bedrohen. Auf der anderen Seite lauern Staaten, die dem Land das Existenzrecht absprechen. Israel hat in etwa die Größe von Hessen. Es ist ein "One-Bomb-Country", das man mit einer Atombombe vernichten könnte. Kein Wunder also, dass das Atomabkommen mit dem Iran für die Regierung Netanjahu wie ein rotes Tuch wirkt, weil man befürchtet, das Mullah-Regime werde so irgendwann an Nuklearwaffen kommen. Diese einzigartige Bedrohungslage erklärt auch den bei vielen Deutschen als aberwitzig empfundenen Militarismus in Israel: Dahinter steckt jedoch der Wille, nie wieder jemandem schutzlos ausgeliefert zu sein. Mit dem Waffendeal setzt die Bundesregierung ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit Israel - abseits von politischen Entschuldigungsroutinen, die man sonst oft hört. Dieses Signal wird nicht nur in der israelischen Öffentlichkeit aufmerksam registriert, sondern in der ganzen Region. In Berlin und in Jerusalem wurde jetzt daran erinnert, dass vor 50 Jahren die junge Bundesrepublik und Israel, der Staat der Holocaust-Überlebenden, diplomatische Beziehungen aufnahmen. Das war alles andere als selbstverständlich, nachdem die Nazi-Mörder das europäische Judentum 1945 fast komplett ausgelöscht hatten. Die Partnerschaft, die sich bis heute entwickelte, fiel auch nicht vom Himmel. Dahinter stehen die Aussöhnungsbemühungen mehrerer Politikergenerationen, eine immer stärkere wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit, der kulturelle Austausch und natürlich das Einstehen Deutschlands für das Existenzrecht Israels - auch mit Rüstungslieferungen. Wegen dieser Beharrlichkeit haben beide Staaten auf dem Weg zu einer freundschaftlichen Beziehung, über der nicht permanent der Schatten der Vergangenheit liegt, Fortschritte gemacht. Zum Beispiel zieht es heute Hunderttausende deutsche Touristen ins Heilige Land, umgekehrt leben allein in Berlin 30 000 Israelis. Das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Israel besteht beileibe nicht nur aus eitel Sonnenschein. In der Frage der Palästinenserpolitik sind Berlin und Jerusalem weit auseinander. Umso hellhöriger müssen wir werden, wenn Präsident Reuven Rivlin nun vor einem Wiedererstarken des Antisemitismus in Europa warnt. In Deutschland erleben wir etwa einen als Israel-Kritik verbrämten Antisemitismus - ob bei Demos oder in Form von Hassreden mancher Populisten. Es ist dreist und zynisch, den politischen Binnenkonflikt in Israel so zu instrumentalisieren, denn darunter leiden ja auch die Israelis selbst. Eines sollten sich alle Kritiker klarmachen: Israel stellt die einzige funktionierende Demokratie in der Region dar. Und es ist unser wichtigster Verbündeter in Nahost - auch im Kampf gegen militante Islamisten.
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