Mittelbayerische Zeitung: Schreck mit Ansage
Kommentar zum Siegeszug des Drittligisten VfL Sportfreunde Lotte
Regensburg (ots)
Jedem Sechzig-Fan dürften die Gesichtszüge eingefroren sein - und zwar ganz unabhängig davon, ob er oder sie im Frimo Stadion in Lotte in der Kälte stand oder im Warmen vor dem Fernseher saß. Der Drittligist aus Niedersachsen bot im Pokal-Achtelfinale alles, was Gegner 1860 München nicht mitgebracht hatte: mannschaftliche Geschlossenheit, einen logischen Matchplan - und unbedingten Siegeswillen. Die Pleite in der niedersächsischen Provinz war ein Schreck mit Ansage. Die Münchner Löwen traten nicht geschlossen auf, weil der Kader und die erste Elf in dieser Transferperiode wieder einmal durcheinandergewürfelt wurden: 34 Profis sind derzeit bei 1860 unter Vertrag, in der Startelf gegen Lotte standen vier Winter-Neuzugänge. Der Matchplan funktionierte nicht, weil die Mannschaft offensichtlich nicht eingestellt war auf eine Fußballschlacht auf seifigem Schneeboden - obwohl die widrigen Bedingungen bestens bekannt waren. Dass Löwen-Trainer Vitor Pereira die Pleite gegen einen auf dem Papier ganz klar schwächeren Gegner auf die Platzverhältnisse schiebt, ist ein Beispiel für die ganz spezielle Form der Realitätsverweigerung, mit der alle 1860-Verantwortlichen (mit wenigen Ausnahmen) seit dem Bundesliga-Abstieg 2004 ihre Misserfolge erklären. Und der Siegeswillen? Den merkte man den Löwen in den vergangenen Jahren immer dann an, wenn das Team zusammenrückte: in den letzten Partien gegen den Abstieg in den vergangenen zwei Saisons, in der letzten Hochphase des Teams, als der Hauch einer Aufstiegschance bestand. Das war im Februar 2012, vor fünf Jahren - oder, anders gesagt, vor 14 (!) Trainerwechseln und vier Präsidentenwechseln. Aus dem Chaos kann eben kein Erfolg im Profifußball entstehen.
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