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Mittelbayerische Zeitung: Alte Zöpfe abschneiden
Der Bundestag macht den Weg frei: Jetzt darf in digitale Schulen, sozialen Wohnungsbau und kommunale Infrastruktur investiert werden. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Wenn der Bund wie mit dem Füllhorn übers Land schwebt und Milliarden Euro für die Digitalisierung, für schnelles Internet und Tablets an Schulen, für den Bau von preiswerten Wohnungen oder für die kommunale Infrastruktur in Aussicht stellt, dann ist das eigentlich eine tolle Sache. Gleich an vier Stellen wurden dafür vom Bundestag grundgesetzliche Hürden aus dem Weg geräumt. Zugleich jedoch hat Berlin so viele Haken und Ösen eingebaut, dass viele Bundesländer eine Verschlimmbesserung befürchten. Die mit heißer Nadel gestrickten Verfassungsänderungen fallen beim Ländertest glatt durch. Hier muss dringend nachverhandelt werden. Der Grundgedanke freilich, Kommunen bei der Meisterung von Zukunftsaufgaben zu helfen, ist richtig. Der alte Zopf eines falsch verstandenen Bildungs-Föderalismus wird abgeschnitten. Viel zu lange schon wird etwa über den Digitalpakt für die Schulen schwadroniert, angekommen bei den Schülern ist nur wenig. Vor allem sind die Unterschiede zwischen Schulen in verschiedenen Ländern riesig. Während einige Schulen mit leistungsfähigem Internet, Computern und Tablets aufwarten können, müssen andere noch mit der digitalen Steinzeit leben. Von nichtsanierten Schulgebäuden und Sporthallen, bröckelnden Decken und muffligen Toiletten ganz zu schweigen. Die Bildungsrepublik Deutschland, einst von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgerufen, hat sowohl in der Grundausstattung, als auch im Digitalbereich erheblichen Nachholebedarf. Dass der Bund dafür mehr Geld geben will, ist vernünftig. Dabei sind mehr Mittel eine wichtige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Das Geld soll nicht nur in Kabel, Tablets und Beton, sondern auch in Köpfe, etwa die Weiterbildung von Lehrern, investiert werden können. Nur wenn digitale Technik im Unterricht auch genutzt wird, wenn sie Spaß macht, hat sie Sinn. Mitunter dümpeln an Schulen PCs vor sich hin, weil kein Geld, kein Personal für die Wartung vorhanden ist oder die Internetverbindung nicht ausreicht. Allerdings darf man von der schönen neuen digitalen Schulwelt keine Wunderdinge erwarten. Kinder und Jugendliche haben zum Glück kaum Hemmschwellen, wenn es um den Einsatz digitaler Technik geht, sie surfen ganz selbstverständlich im Internet, spielen, nutzen soziale Netzwerke. Die Frage ist nicht: Digitalisierung an den Schulen ja oder nein, sondern wie sinnvoll werden die digitalen Möglichkeiten genutzt. Das heißt freilich nicht, dass bestimmte Grundfertigkeiten, etwa das Schreiben per Hand, ihren Stellenwert verlieren. Neurowissenschaftler sind sich einig darin, dass die Verknüpfung der motorischen Fähigkeiten beim Schreiben mit dem Gedächtnis für die Entwicklung des kindlichen Gehirns unerlässlich ist. Ähnliches gilt fürs Kopfrechnen. Nur wer schwimmen kann, sollte den Sprung ins tiefe Wasser wagen. Und für die Ausprägung sozialer Kompetenzen ist der direkte - man müsste wohl sagen analoge - Kontakt zu Mitschülern, Lehrern unerlässlich. Auch dass der Bund mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau und Infrastruktur in den Kommunen bereitstellen will, ist kein Frontalangriff auf den Föderalismus, wie die AfD befürchtet, sondern eine sinnvolle Unterstützung. In vergangenen Jahren gab es in einigen Ländern leider "klebrige Finger". Gelder des Bundes für Sozialwohnungsbau verschwanden in Haushaltslöchern, ohne das preiswerte Wohnungen entstanden. Das hat mit zur Wohnungsnot in Ballungszentren und Universitäts- Städten beigetragen.

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