Erstes Patent auf Züchtung des Menschen erteilt
Europäisches Patentamt bricht Tabu
Hamburg (ots)
Nach Recherchen der Umweltorganisation Greenpeace hat das Eurpäische Patentamt (EPA) in München im vergangenen Dezember ein Patent auf gentechnisch manipulierte Embryonen erteilt.
Das Patent mit der Nummer EP 695 351 sichert dem Patentinhaber die Rechte auf die Entnahme von Zellen aus menschlichen Embryonen, auf die gentechnische Manipulation dieser Zellen und auf die Herstellung gentechnisch veränderter Embryonen. Damit ist automatisch nicht nur das Verfahren zur Genmanipulation der sogenannten Keimbahn patentiert, sondern auch das "Produkt" dieses Eingriffs, der genmanipulierte Mensch selbst.
"Die Entscheidung des EPA ist ein beispielloser Tabubruch. Damit ist der im Labor produzierte und patentierte Mensch deutlich näher gerückt", sagte Dr Christoph Then, Gentechnik- Experte bei Greenpeace. Das Patentamt verstößt mit der Erteilung des Patents unter anderem gegen die Europäische Patentrichtlinie. Darin wird die Patentierung von "Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens" sowie die patentierung der Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken ausdrücklich verboten.
Eingriffe in die Keimbahn zeichnen sich dadurch aus, dass die manipulierten Eigenschaften auch an nachfolgende Generationen vererbt werden. Das Patent wurde erteilt, obwohl die Genmanipulation von menschlichen Embryonen verboten ist. Die Universität Edinburgh hat das Verfahren bisher nur an Mäusen erprobt. "Was sich die Firmen patentieren lassen, wollen sie auch realisieren und vermarkten", sagte Dr. Then. "Diese Patent ist nur die Spitze des Eisberges. Längst hat das Patentamt bei der Patentierung von Pflanzen und Tieren, von menschlichen Genen und Teilen des menschlichen Körpers den gesetzlichen Rahmen überschritten. Die vorgeschriebenen ethischen Gesetze spielen keine Rolle mehr."
Hinter der Universität von Edinburgh als Patentinhaber steht die australische Firma Stem Cell Sciences (SCS), die einen Exclusiv-Vertrag mit der Hochschule geschlossen hat. SCS arbeitet vor allem an der Züchtung von menschlichen Stammzellen. Diese Zellen können gentechnisch verändert und zur Züchtung von Organen oder auch menschlicher Embryonen verwendet werden. SCS arbeitet eng mit der US-Firma Bio Transplant zusammen, die wiederum eine intensive Kooperation mit dem Gen-Konzern Novartis unterhält. Das EPA hat ein handfestes finanzielles Interesse an der Vergabe solcher Gen-Patente. Das Amt finanziert sich ausschließlich über Patentgebühren. 1998 betrugen die Einnahmen 1,3 Milliarden DM.
Greenpeace fordert die Rücknahme des Keimbahn-Patentes und wirbt Unterstützer für einen Sammeleinspruch. "Wir hoffen, dass insbesondere Kirchen, Wissenschaftler und Politiker unseren Einspruch unterstützen werden", so Christoph Then.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an unsere Gentechnik-Experten Dr. Christoph Then Tel.: 040 / 30618395 0171 / 8780844
und Stefan Flothmann Tel.:0171 / 8780822 Oder an
Pressesprecherin Carmen Ulmen Tel.: 040 / 30618345 0171 / 8780840
Hintergrundpapiere zum Keimbahnpatent und zu Patenten auf Leben erhalten Sie unter 040 / 30618386 Siehe auch das Greenpeace-Magazin 2/2000 ab Freitag am Kiosk Internet: www.greenpeace.de
Original-Content von: Greenpeace e.V., übermittelt durch news aktuell