Skandal-Serie in Sellafield bricht nicht ab
Die AKW-Betreiber EnBW
und RWE führen Geschäfte mit Atom-Verbrechern
Hamburg (ots)
Die Atomkraftwerksbetreiber Energie Baden-Württemberg (EnBW) und RWE wollen Anfang kommender Woche Atommüll aus den Atomkraftwerken Neckarwestheim (Baden-Württemberg) und Biblis (Hessen) in die britische Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield liefern, obwohl die Sellafield-Betreiberfirma British Nuclear Fuels (BNFL) erst vor zwei Wochen wegen Bruch von Sicherheitsbestimmungen verurteilt wurde.
Am 6. April 2001 hat ein Gericht in Whitehaven im Nordwesten Englands gegen BNFL eine Geldstrafe in Höhe von rund 38.000 Mark verhängt. Das Unternehmen hatte Strahlenquellen, die zur Eichung von Messgeräten verwendet werden, zum Teil seit 1985 nicht ordnungsgemäß registriert. Laut Anklage der britischen Atomaufsichtsbehörde stellt dies einen "Kontrollverlust dar, der erhebliche Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit hätte haben können".
"EnBW und RWE verschiffen ihren Atommüll an eine Atomfirma, in der immer wieder geschlampt wird. Das ist völlig unverantwortlich. Mit Atom-Verbrechern darf man keine Geschäfte führen", sagt Susanne Ochse, Atom-Expertin bei Greenpeace.
BNFL ist in den letzten zwölf Monaten wegen des Bruchs von Sicherheitsbestimmungen im Atomkomplex Sellafield schon mehrfach zu Geldstrafen verurteilt worden. Im Juni 2000 musste die Atomfirma rund 125.000 Mark zahlen, weil drei Arbeiter 1999 bei einem Austritt von Salpetersäure verletzt worden waren. Ein ähnlicher Unfall ereignete sich bereits 1994. Die von der britischen Aufsichtsbehörde daraufhin angeordneten Auflagen hatte BNFL jedoch ignoriert.
Im Oktober 2000 wurde eine Strafe von 75.000 Mark verhängt, weil BNFL versäumt hatte, 1613 zur Messgerät-Eichung verwendete Strahlenquellen regelmäßig auf Radioaktivitätslecks zu untersuchen. Zudem war eine der Strahlenquellen auf ungeklärte Weise abhanden gekommen.
BNFL war im vergangenen Jahr international in die Kritik geraten, weil Mitarbeiter der Qualitätssicherung Papiere für Brennelemente gefälscht hatten. Die betroffenen MOX-Brennelemente, die im deutschen Atomkraftwerk Unterweser im Einsatz waren, mussten daraufhin entfernt werden. Der damalige Geschäftsführer von BNFL musste zurücktreten.
"Für jeden Betreiber in Deutschland wären solch katastrophale Verhältnisse wie in Sellafield das Aus. EnBW und RWE nutzen die niedrigen Standards in Großbritannien skrupellos aus, um ihren Atommüll dort zu entsorgen", so Susanne Ochse. EnBW will nächste Woche drei Behälter mit abgebrannten Brennelementen aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim nach Sellafield transportieren. Aus dem RWE-Reaktor Biblis sollen zwei Castoren rollen. Insgesamt wollen die deutschen Atomkraftwerksbetreiber in den kommenden Jahren noch mehr als 200 Behälter mit hoch radioaktivem Müll nach Sellafield schicken.
Achtung Redaktionen: Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Greenpeace Atom-Expertin Susanne Ochse, Tel. 040-30618-311, oder an Pressesprecherin Carmen Ulmen, Tel. 040-30618-344. Auf Wunsch erhalten Sie eine Chronik über die Skandale in Sellafield sowie umfangreiche Hintergrundinformationen zur Wiederaufarbeitung. Fotos von Sellafield erhalten Sie unter 040-30618-376/377, Beta-Material unter -375. Internet: www.greenpeace.de/castor.
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