phoenix-Sendung zum Internationalen Tag der Pressefreiheit: Medien zwischen wachsender Bedrohung und Verantwortung
Bonn (ots)
Welche Perspektiven haben Medien künftig im Spannungsfeld zwischen gestiegenen Erwartungen der Bürger, aber auch einer zunehmenden Beeinträchtigung der Arbeit von Journalisten? Welche Rolle spielen soziale Netzwerke, sind sie Brutstätte von Hass und Hetze auch gegen Journalisten, oder Ergänzung der Meinungsbildung? Werden die weltweiten Versuche zunehmen, die Freiheit von Recherche und Meinung einzuschränken, und welchen Nachrichten dürfen wir künftig noch vertrauen? Diese Fragen diskutierte eine Experten- und Journalistenrunde mit Moderator Helge Fuhst bei phoenix anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am Freitag. Die Sendung "Zwischen Hass und Meinungsfreiheit - Wie werden die Medien ihrer Verantwortung gerecht?" ist schon jetzt online zu sehen unter www.phoenix.de und wird am Donnerstag (2. Mai) im Rahmen des Themenabends "Wie mächtig sind Medien?" um 21.45 Uhr bei phoenix ausgestrahlt.
Medienwissenschaftler Norbert Bolz und Stefan Aust, Herausgeber der "Welt", mahnten Medienmacher und Journalisten, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Der Begriff der Lügenpresse sei zwar falsch, "aber an Lückenpresse, da ist was dran. Man weiß, dass etwas passiert ist, man bringt es aber nicht aus Nachsicht auf die Bürger, die das nicht verkraften können. Und so etwas ist gefährlich", erklärte Bolz. "Welt"-Herausgeber Aust kritisierte das Selbstverständnis vieler Journalisten. "Sie haben zu häufig ein eigenes Sendungsbewusstsein." Etwa bei den sexuellen Übergriffen an Silvester 2015 auf der Kölner Domplatte hätten viele Medien zu spät und unvollständig berichtet. "Das wollte man alles nicht wahrhaben, das passte in der Zeit des 'Refugees Welcome' nicht ins Bild", meinte Aust.
ARD-Korrespondentin Golineh Atai warnte dagegen vor journalistischer Zögerlichkeit, die nach den Silvester-Vorkommnissen eingesetzt habe. "Es ist eine Übervorsicht entstanden, wir haben überkorrigiert, in der Hoffnung, dass wir von denen, die uns als links bezeichnen, verstanden werden und das Vertrauen wieder wächst." Atai sah die klassische journalistische Arbeit weltweit zunehmend durch Repressalien bedroht. Immer öfter sei auch das Leben der um Aufklärung bemühten Journalisten in Gefahr.
"Panorama"-Moderatorin Anja Reschke mahnte, öffentlicher Druck könne Fehlentwicklungen im Journalismus auslösen. Bei etlichen Bürgern gebe es inzwischen eine gefühlte Wahrheit, "und dann haben die Menschen eine große Erwartungshaltung, dass Journalisten auf Dinge eingehen sollen, die es so aber gar nicht gibt". Diese Problematik nehme zu. Die Chefredakteurin des Magazins "EDITION F", Teresa Bücker, sah nicht bestimmte Versäumnisse von Medien als ursächlich für einen Vertrauensverlust an. "Redaktionen treffen offenbar nicht immer den Nerv ihrer Leser und verpassen zudem Entwicklungen." In dieser Situation sei es wichtig, statt in Hauptstadtbüros wieder stärker in Lokalredaktionen zu investieren, weil die näher an den Menschen und deren Problemen seien.
Die Pressefreiheit werde auch benutzt, um Menschen zu diskreditieren, glaubte der Repräsentant der "Republican Overseas", der US-Geschäftsmann George Weinberg. Das Beispiel des Umgangs mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump zeige, dass Grenzen überschritten würden. "Wenn man sieht, wie negativ die Medien Trump und seine Familie behandelt haben, dann wundert es einen nicht, dass der US-Präsident dann auch zurückschlägt."
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