Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Merkels Wahlversprechen
Rostock (ots)
In Ick-bin- allhier-Manier will sie dem glücklosen SPD-Bewerber Peer Steinbrück ein Thema nach dem anderen abjagen. Eine Art Mindestlohn hat Merkel der Union bereits verordnet, auch wenn der nicht genau so heißt. Bessere Mütterrenten, um die man sich in der Union seit Monaten balgt, nur her damit. Höheres Kindergeld und höhere Freibeträge - kein Problem. Merkels Füllhorn sozialer Wohltaten könnte den Bundeshaushalt freilich rund 28 Milliarden Euro kosten. Ach was, Freibier für alle! Und so wird obendrauf noch das Zückerli einer Mietpreisbremse gepackt, das die Union glatt bei der SPD abgeschrieben hat. Merkel führt offenbar eine Art Verdrängungswahlkampf. Sie okkupiert sozialdemokratische Positionen. Und sie spickt das Unions-Wahlprogramm dermaßen mit sozialen Bonbons, dass ihrem getreuen Kassenwart Wolfgang Schäuble Hören und Sehen vergehen könnte. Der Sinn dieser Charme-Offensive ist so schlicht wie wirksam: Es sollen nicht nur die eigenen Unions-Wähler bei der Stange gehalten, sondern auch potenzielle Kreuzchenmacher der SPD eingelullt werden. Politikwissenschaftler nennen das, was Merkel bereits 2009 erfolgreich praktizierte, asymmetrische Demobilisierung. Oder anders gesagt: je mehr SPD-Anhänger zuhause bleiben, desto größer die Chance auf den erneuten Sieg der Union im Herbst. Die Aussichten sind gar nicht schlecht, dass die Kanzlerin mit dieser Strategie ihre dritte Amtszeit erreichen kann.
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