Ostsee-Zeitung: Kommentar zur NSA-Spähaffäre
Rostock (ots)
Wer von den führenden Politikern wirklich wissen wollte, was sich im Paralleluniversum der Geheimdienste auf deutschem Boden abspielt, musste es wissen. Nicht alles - aber genug, um jetzt nicht aus allen Wolken zu fallen. Spätestens mit dem Zusatzvertrag zum Nato-Truppenstatut von 1959 hat Bonn den drei Westmächten einen Zugang zum (west-)deutschen Post- und Fernmeldeverkehr zugesichert. Neun Jahre später folgte das G10-Gesetz - ein geheimer Sonderpakt, mit dem die Alliierten die neu gewonnenen deutschen Souveränitätsrechte umgehen konnten - ohne jeden Gerichtsbeschluss. Sowohl Zusatzvertrag als auch G10Gesetz gelten bis heute. Und da wundert sich nun die Regierung, dass diese selbst nach der Wiedervereinigung ungekündigten Rechte von der NSA dem digitalen Zeitalter angepasst wurden - , dass die Überwachung heute wahrhaft flächendeckend erfolgt und selbst um Merkel keinen Bogen macht? Auch wenn die Empörung der Scheinheiligen oft keine Grenzen kennt, muss die Bundesregierung in Wahrheit längst erkannt haben, dass die Beschwichtigungen der Obama-Administration nur dazu dienten, die deutschen Bürger hinter die Birke zu führen. Spätestens jetzt aber muss Berlin reagieren. Auch wenn es wohl nicht der Bürgergroll sein wird - spätestens die deutsche Wirtschaft, die fürchtet, ihren Know-how-Vorsprung durch Spionage zu verlieren, wird die Bundesregierung zum Handeln zwingen. Ob Patente, Steuerdaten, Patienten-Akten, Zahlungs- oder E-Mail-Verkehr - dieses Online-Wissen ist einfach zu wertvoll, um es einer Supermacht mit NSA, Google, Facebook &<TH>Co. zu überlassen. Europa braucht eine eigene Infrastruktur für die Informationsgesellschaft. Es ist Zeit für eine Neuaufteilung der digitalen Welt.
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