Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Skandal um Organtransplantationen Spendeausweis braucht Moratorium THOMAS SEIM
Bielefeld (ots)
Man mag im Einzelfall nachvollziehen können, dass Kranke oder Todgeweihte alles einsetzen, ihr Leben zu retten oder ihr Schicksal zu erleichtern. Geld für einen Organkauf ist da das harmloseste Instrument. Ihnen gegenüber stehen - insbesondere in den so genannten Entwicklungsländern - zahlreiche Menschen, die keinen anderen Ausweg aus ihrer Armut und Not wissen, als Organe gegen Geld anzubieten. Diese Illegalität der Organspenden öffnet den Raum für Verbrechen. So lange es auf der Welt Wartelisten für Organe gibt, so lange wird es verbrecherische Organisationen geben, die daraus ein Geschäft machen. Es ist deshalb ein richtiges Prinzip, jeden einzelnen Bürger über die Debatte um Spendenausweise dazu zubringen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wenn es gelänge, über eine legalisierte Praxis von Organspenden und die dafür geschaffenen Ausweise der Illegalität den Boden zu entziehen, wäre der Kampf gewonnen. Leider allerdings ist die weltweite Realität derzeit eine andere. Skrupellose Geschäftemacher - leider auch Ärzte darunter - nutzen Armut und Verzweiflung von Kranken und Spendern dazu, mafiöse Strukturen aufzubauen. Für die Debatte in Deutschland ist das verheerend. So sehr der SPD-Fraktionschef Steinmeier mit der Nierenspende für seine Frau den Boden für Organspende-Ausweise bereitete, so gnadenlos stürzt die Bereitschaft der Deutschen ab, sich angesichts der aufgeflogenen Praxis der Göttinger Transplantationsmanipulationen einen solchen Ausweis zuzulegen. Es wird erst neues Vertrauen wachsen müssen, um die Organspende wieder zu einem akzeptierten humanistischen Ideal in Deutschland zu machen, das einen Spender-Ausweise zur Selbstverständlichkeit macht. Ein Moratorium vor der Einführung eines Spendenausweises wäre da vermutlich hilfreich.
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