Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Am Sonntag wird ein neuer Bundestag bestimmt Wähler, entscheiden Sie! THOMAS SEIM
Bielefeld (ots)
Morgen ist es vorbei mit der Unsicherheit der Umfragen. Morgen haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, morgen haben die Wähler das Wort. Sie entscheiden über die künftige Zusammensetzung des Bundestages. Ob sie damit auch über die Zusammensetzung der neuen Bundesregierung entscheiden, das ist allerdings nicht gewiss. Denn es kann knapp werden dieses Mal. Und keineswegs sicher ist, ob wir fünf, sechs oder sieben Parteien im Parlament haben werden. Ebenso wenig ist sicher vorherzusagen, ob die Koalition aus Union und FDP eine Mehrheit haben wird. Am Ende aber werden jene Parteien eine Koalition bilden, die eine tragfähige Regierung garantieren. Und die sieht vielleicht ganz anders aus, als die Wähler es dachten. Viele Fragen erfordern morgen eine Antwort: Wie stark wird die Union? Muss sie Stimmen abgeben an die FDP oder an die europafeindliche AfD? Reicht es für die FDP in den Bundestag, oder bekommt sie Probleme mit der Fünfprozenthürde? Werden die Grünen schwächer als vor vier Jahren, weil sie eine Debatte über frühere Programmverfehlungen ihres Spitzenkandidaten aushalten müssen? Oder weil sie ein zu linkes Programm haben? Wie erholt sich die SPD von ihrem Tiefstand 2009? Muss sie in eine neue große Koalition? Welche Zukunft hat ihr Kanzlerkandidat Steinbrück? Und das sind erst die machttaktischen Fragen. Zu ihnen gesellen sich Richtungsentscheidungen: Schaffen wir das Betreuungsgeld zugunsten der Finanzierung von Betreuungseinrichtungen wieder ab? Sind wir für den Mindestlohn oder für eine Lohnuntergrenze? Muss die Rente mit 67 relativiert werden, oder brauchen wir eher noch deutlichere Entlastungen für die Rentenkassen? Ist der Euro wichtig für den europäischen Friedensprozess, oder bedroht er unseren Wohlstand? Für Vermögenssteuer oder nicht? Wohin treiben wir die Energiepolitik? Über alle diese Fragen entscheiden die Wählerinnen und Wähler morgen. Und das ist auch gut so! Wählen ist kein selbstverständliches Recht. In den meisten Ländern dieser Erde haben die meisten Menschen es nicht. Umso wichtiger ist es, dass es wahrgenommen wird. Etwa ein Drittel der Wählerinnen und Wähler - so sagen Umfragen - sind nicht festgelegt. Die meisten von ihnen entscheiden sich erst in der Wahlkabine. Das ist der Grund, weshalb sich alle auf Aktivitäten in den letzten 72 Stunden konzentrieren. Wir haben einen Wahlkampf verfolgt, der mit Argumenten geführt wurde, aber auch einen, in dem es fragwürdige Vorgänge gab. Wir haben über den SPD-Kanzlerkandidaten, seine Gesten und Einkünfte gestritten, aber auch über die Inhaltsleere des Wahlkampfs der Kanzlerin und über deren bisweilen hemmendes Aussitzen statt Entscheiden. Es gab Streit über Atomausstieg und Energiepreise, Steuerpolitik und Gerechtigkeit, Überwachungsaffäre und Syrienkrise. Nun ist genug gestritten. Morgen wird abgestimmt. Das ist die Stärke der Demokratie: Wähler und Wählerinnen, Ihre Entscheidung!
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