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Neue Westfälische (Bielefeld): Jeder zweite Beschäftigte schleppt sich krank zur Arbeit Missbrauch in der Arbeitswelt Miriam Scharlibbe

Bielefeld (ots)

Unter deutschen Arbeitnehmern grassiert eine schlimme Krankheit - eine krankhafte Form des Pflichtbewusstseins. Forscher sprechen von Präsentismus, dem Zwang, am Arbeitsplatz präsent zu sein, auch wenn Körper und Geist (Bett-)Ruhe benötigen. Präsent ist dabei meistens tatsächlich nur der Körper. Wer sich trotz Erkältung oder sogar mit einer fiebrigen Grippe zur Arbeit schleppt, richtet den größtmöglichen Schaden an. Alle leiden: die Kollegen, die angesteckt werden, die Arbeit, die lieblos und unkonzentriert erledigt wird, und vor allem die eigene Gesundheit. Verantwortlich für den Schaden ist allerdings nicht der kranke Mitarbeiter. Er folgt nur den Gesetzen der modernen Arbeitswelt: In einer Zeit, in der laut Gewerkschaft jeder zweite Berufseinsteiger befristet angestellt wird, wirkt die Zukunftsangst im Kopf oft stärker als der Schmerz in Hals und Gliedern. Befristungen waren einmal als Instrument zur Belebung des Arbeitsmarktes gedacht. Unternehmen haben es missbraucht. Dabei schneiden sich die Chefs ins eigene Fleisch. Unternehmen, die auch künftig innovativ sein wollen, werden immer gesunde Mitarbeiter brauchen. Die Digitalisierung sollte darum stärker genutzt werden, um alternative Beschäftigungsmodelle wie das Homeoffice zu fördern. Aber bitte nicht zum Preis der ständigen Erreichbarkeit - denn auch das kann krank machen.

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