An der Nadel
Kommentar von Jens Kleindienst zur Gas-Krise
Mainz (ots)
Es passt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass er widersprüchliche Signale senden lässt: Nach zehntägiger Wartungspause könnte wirklich wieder Gas aus der Pipeline Nord Stream 1 nach Westeuropa fließen. Gleichzeitig wird angedeutet, der Energiestrom aus Russland werde demnächst vielleicht ganz versiegen. So schafft man maximale Verunsicherung bei den Abnehmern, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, den Gashahn einfach mutwillig zuzudrehen. Und sollte es wirklich zu einem kompletten Lieferstopp kommen, wäre ja nach Putins Lesart nicht Russland schuld, sondern der Westen, weil er die Rücklieferung einer in Kanada reparierten Turbine verzögert hat, um sein eigenes Embargo nicht zu brechen. Das bange Schauen nach Moskau, was nun passieren wird, ist ein weiterer Beleg für die fatale Abhängigkeit des Westens von russischem Gas. Putin weiß das zu nutzen, und er tut es eiskalt. Wie ein Dealer wirft er dem Junkie ein bisschen Stoff vor die Füße, nicht ohne zu drohen, bei mangelndem Wohlverhalten sei es das letzte Päckchen gewesen. So hält man Drogenabhängige gefügig. Wahr ist aber auch: Jeder Kubikmeter Gas, der nun vielleicht aus Russland wieder zu uns strömt, kann ein bisschen dabei helfen, sich für alle winterlichen Szenarien zu wappnen, die Speicher zu füllen. Auf keinen Fall sollte das aber die Hoffnung nähren, so schlimm werde es schon nicht werden. Das liegt wesentlich in unserer Hand. Es gilt, sich einzuschränken, damit im Winter noch genügend Energie für Industrie und private Haushalt da ist. Die von der Bundesregierung und nun auch von der EU-Kommission angeschobenen Notfallpläne haben sich mitnichten erledigt.
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