BDI Bundesverband der Deutschen Industrie
BDI-Präsident Thumann zum Emissionshandel: Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel
Berlin (ots)
Die deutsche Industrie bejaht ausdrücklich das Ziel des Klimaschutzes. Die Aufgabe lasse sich aber nur durch einen globalen Ansatz lösen. Eine überzogene Vorreiterrolle Europas und innerhalb dessen noch eine spezielle Vor-Vorreiterrolle Deutschlands führe wirtschaftlich zu gravierenden Wettbewerbsnachteilen. Auf Initiative des BDI-Präsidenten, Jürgen R. Thumann, hat die deutsche Wirtschaft deshalb in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel appelliert, der Entscheidung der Europäischen Kommission zum nationalen Allokationsplan des Emissionshandels entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen. Angehängt finden Sie den Brief im Wortlaut.
Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel
Verständigung zum Emissionshandel gefährdet Wachstum und Investitionen am Standort Deutschland
Die Verständigung im Bundeskabinett am 13.12.2006, die Entscheidung der EU-Kommission über den deutschen Zuteilungsplan (NAP II) i. W. zu akzeptieren, gefährdet Wachstum und Investitionen am Standort Deutschland. Beim Energiegipfel zugesagte und teilweise bereits in Angriff genommene Großinvestitionen in die Energieinfrastruktur werden durch diese Rahmensetzungen wirtschaftlich in Frage gestellt. Damit drohen massive Konsequenzen nicht nur für die Versorgungssicherheit, sondern auch für Arbeit und Wertschöpfung am Standort Deutschland.
- Das Investitionsklima wird nachhaltig dadurch belastet, dass die beschlossenen Verschlechterungen der Zuteilung einen massiven Vertrauensbruch der Politik gegenüber den betroffenen Unternehmen darstellen.
- Zuteilungen über 2012 hinaus werden nicht mehr vorgesehen. Die für Kraftwerksprojekte notwendige langfristige Planungssicherheit ist damit nicht gegeben.
- Unterbleibende notwendige Kraftwerksinvestitionen werden absehbar zu höheren Strompreisen führen.
- Dies wird weitreichende Folgewirkungen insbesondere für die energieintensive Industrie am Standort Deutschland zeitigen. Insgesamt wird dadurch der Produktionsstandort Deutschland im europäischen Wettbewerb zurückfallen.
- Die Emissionshandelstruktur wird im Grundsatz in Frage gestellt. Durch eine überzogene Verknappung des Produktionsfaktors CO2 werden die CO2-Preise und damit auch die Strompreise steigen.
Es ist nicht hinnehmbar, dass zusätzliche Emissions¬minderungen in Deutschland verlangt werden, um entsprechende Defizite in anderen Ländern auszugleichen. Damit wird Deutschland das Klimaziel zu Gunsten der anderen Länder übererfüllen.
Deutschland nimmt in der Klimavorsorge eine Vorreiterrolle ein und wird die nach dem Kyoto-Protokoll vorgesehenen Minderungsziele - anders als viele andere europäische Länder - mit hoher Wahrscheinlichkeit erreichen. Die deutsche Industrie trägt dazu in maßgeblichem Umfang bei. So sind auch im Verkehrssektor erhebliche Erfolge im Klimaschutz erreicht worden. Eine nachträgliche einseitige Verschärfung der Klimavorsorgepolitik bei gleichzeitig ausbleibender Planungssicherheit stellt dies alles in Frage.
Deutschland hat über Jahrzehnte von einem breiten Energiemix profitiert, der durch die mas¬siven Verschärfungen beim Zuteilungsplan für die Periode 2008 - 2012 gefährdet wird. Erzeugungsanlagen auf Basis von Import-Erdgas werden profitieren, während Investitionen in moderne Braun- und Steinkohleanlagen einseitig benachteiligt werden.
Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, zum ursprünglichen NAP II-Beschluss zurückzukehren, keine weiteren Kürzungen vorzunehmen, den Brüsseler Plänen entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen und verlässliche Rahmenbedingungen auch über 2012 hinaus zu schaffen. Nur so ist eine verantwortbare Balance zwischen Klimavorsorge, Versorgungssicherheit und ökonomischen Notwendigkeiten zu sichern.
Berlin, den 14. Dezember 2006
Jürgen R. Thumann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI)
Willi Berchtold, Mitglied des Vorstands ZF Friedrichshafen AG und Präsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM)
Dr. Wulf H. Bernotat, Vorsitzender des Vorstandes der E.ON AG
Prof. Dr. Utz Claassen, Vorsitzender des Vorstandes der EnBW Energie Baden-Württemberg AG
Ulrich Grillo, Vorsitzender des Vorstands der Grillo-Werke AG und Präsident der WirtschaftsVereinigung Metalle
Prof. Dr. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie e.V. (VDA)
Dr. Jürgen Hambrecht, Vorsitzender des Vorstandes der BASF AG
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Diether Klingelnberg, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Klingelnberg GmbH und Mitglied des Präsidiums des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA)
Dr. Arend Oetker, Geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Arend Oetker Holding GmbH & Co. KG und Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft
Irmtraud Pawlik, Managing Director der Hydro Aluminium Deutschland GmbH
Dr. Klaus Rauscher, Vorsitzender des Vorstandes der Vattenfall Europe AG und Präsident des Verbandes der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland - VRE - e. V.
Harry Roels, Vorsitzender des Vorstandes der RWE AG
Dr. Gernot Schaefer, Geschäftsführender Gesellschafter der Schaefer Kalk GmbH & Co. KG und Präsident des Bundesverbandes Baustoffe - Steine und Erden e.V.
Heinz-Peter Schlüter, Vorstandsvorsitzender der Trimet Group TRIMET Handel AG
Dr.-Ing. Ekkehard D. Schulz, Vorsitzender des Vorstandes der ThyssenKrupp AG
Dr. Alfred Tacke, Vorsitzender des Vorstandes der STEAG AG
Werner Wenning, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Schering AG, Vorsitzender des Vorstandes der Bayer AG und Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie e.V. (VCI)
Gerhard Widder, Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)
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