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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema "Pannen beim Zentral-Abitur"

Bielefeld (ots)

Das ist er - der Stoff fürs diesjährige
Sommer-Theater in Düsseldorf: Zwei Matheaufgaben, die angeblich kein 
normal Sterblicher Mensch rechnen kann, und Schulpolitik, in der alle
mitreden dürfen. Gestern hat Schulministerin Barbara Sommer 
höchstselbst die Reißleine gezogen und im Streit ums Mathe-Abi den 
Schülern, die es wünschen, ein zweite Chance eingeräumt.
Die Kehrtwende im wochenlangen Gezeter und Gefeilsche um zwei 
inzwischen berühmte Mathematikaufgaben ist vernünftig, wenngleich 
nicht ohne Tücken.
 Welcher Schüler hat nicht schon einmal versucht, eine vermasselte 
Klassenarbeit durch raffinierte Argumente auf die rettende »Vier 
minus« hochzuhandeln? Große Diplomaten sollen so ihr Talent entdeckt 
haben.
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und seine Koalition wollten das 
Zentralabitur. Sie haben es bekommen und sich zugleich den früher 
dezentralen Ablasshandel auf die Düsseldorfer Bühne geholt. Einst 
gingen diskussionsfreudige Schüler nach der Notenvergabe »nach 
vorne«, heute loggen sie sich im Internet bei www.spickmich.de ein 
und liefern der Opposition ein willkommenes Argument nach dem 
anderen.
 Schon berichten Schülervertreter von weiteren »Problemfächern«, 
fragen an, ob man nicht auch über Biologie, Sigmund Freud, 
Niederländisch und ein verschobenes Komma in Erdkunde reden könne...
Ministerin Sommer war selbst viel zu lange im Schuldienst, als dass 
sie die schulpraktische Seite des Problems nicht kennen müsste. Aber 
in diesen hitzig hochsommerlichen Tagen ging es in ihrem Hause um 
etwas anderes: die Qualität der Vorgaben von oben.
Eigentlich will die neue schwarz-gelbe Schulpolitik mit ganz wenig 
Wegweisungen auskommen, spricht von Freiheit sowie Eigenverantwortung
und überlässt manche Schulbeamte hilflos ihrem neuen Schicksal.
Diese offene Führung braucht allerdings eindeutig gesteckte Ziele, 
Lernstandserhebungen und eben zentral gestellte Aufgaben.
Mit einem zwölfstufigen Verfahren sollten Pannen wie die zwei 
beanstandeten Aufgaben um Dirk Nowitzkis Korbsicherheit und das 
Oktaeder des Grauens vermieden werden. Jetzt steht die 
Aufgabenkommission selbst auf dem Prüfstand. Mehrfach waren die 
vermeintlich unlösbaren Aufgaben zur Probe gerechnet worden.
 Eine erste Auswertung von 52 Leistungskursen belegt jetzt, dass auch
Schüler die harte Nuss zu knacken wussten. Mit großer Erleichterung 
ließ Sommer deshalb gestern mitteilen, die Stichprobe zeige auch, 
»dass beileibe nicht jeder zweite Mathe-Abiturient in die 
Abweichungsprüfung muss, wie manche unter Berufung auf eine Umfrage 
im Schülerportal Spickmich behaupten«.
 Wirklich Aufschluss wird die Zahl jener Schüler geben, die sich am 
Dienstag noch einmal in Mathematik prüfen lassen. Denn auch das ist 
eine alte Erfahrung von Schülern wie Lehrern: Viele machen nach einer
schlechten Note zwar den Mund spitz, pfeifen dann aber doch nicht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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