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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Situation im Iran:

Bielefeld (ots)

Die persische Stadt Isfahan ist für ihre
Teppiche mit blumigen Mustern berühmt. Die Iraner kennen sie auch 
wegen der Wackeltürme in den alten Stadtmauern. Hoch oben auf der 
Zinne hat man den Eindruck, die Türme wackelten. Der erste 
Staatspräsident der Mullah-Diktatur, Bani Sadr, bezeichnete die 
Wackeltürme einmal als Sinnbild für die Wirtschaft der Islamischen 
Republik. Man strebe hoch hinaus, auch wenn es da oben windig und 
wackelig werde.
Bani Sadr lebt heute im Exil, sein Nachfolger, der radikal-islamische
Mahmud Ahmadinedschad, hat nun nicht nur die Türme von Isfahan, 
sondern das ganze Land zum Wackeln gebracht. Die Rebellion der Jugend
ist in vollem Gang und niemand weiß, ob die Türme des Regimes 
einstürzen oder die Straße leergefegt werden wird.
Noch versuchen die Mullahs die Rebellion mit hausgemachten Mitteln zu
bändigen. Die Revolutionswächter, die Pasdarans, eine Art 
Prätorianergarde der Mullahs, haben angefangen zu schießen. Sie 
wissen: Wenn die Mullarchie fällt, dann fallen auch sie. Sie werden 
weiter schießen.
Die Armee dagegen ist noch in den Kasernen, Panzer fahren noch nicht 
auf. Diese Karte ist für die Mullahs nicht so sicher. Keine Armee 
schießt gern auf das eigene Volk.
Nun fließt Blut seit der Wahl und die Frage ist, ob diese Rebellion 
mit Gewalt zu stoppen ist. Zweifel sind erlaubt. Junge Muslime haben 
ihre Kaffan, ihr Totengewand aus dem Schrank geholt, ein sicheres 
Zeichen dafür, dass sie lieber in den Tod gehen als weiter in der 
Diktatur zu leben. Auch die persische Jugend hat Lebenshunger und 
will eine Perspektive haben. Aber die Arbeitslosigkeit ist hoch, die 
Freiräume eng, der Druck der Religionspolizei gewaltig. Darunter 
leiden vor allem die jungen Frauen. Sie sind unter den Demonstranten 
massiv vertreten - auch unter den Opfern.
Wilde Entschlossenheit bis Verzweiflung auf beiden Seiten. Das sind 
keine guten Aussichten für einen Dialog. Wahrscheinlicher ist, dass 
die wehrlose Straße, die nur gefährlich ist, weil und wenn sie in 
Massen auftritt, jetzt nach Waffen und Verbündeten sucht. Ein 
Bürgerkrieg ist nicht auszuschließen.
Es droht auch eine Libanisierung, wenn nicht bald eine 
Integrationsfigur auftritt. Denn es wird etliche sunnitische 
Potentaten und andere Politiker in der Region geben, die sich 
klammheimlich über diese Staatskrise beim schiitischen Feind die 
Hände reiben. Da lassen sich auch schnell ein paar Schmuggelpfade für
Waffen finden.
Amerika und die Europäer taktieren bislang geschickt. Denn allzu 
harte Kritik könnte Solidarisierungseffekte zugunsten des Regimes 
auslösen. Sinnvoller ist es, abzuwarten. Das Regime wird, wenn es die
Krise überlebt, geschwächt daraus hervorgehen. Die Maske der 
Legitimität ist heruntergerissen, die Fratze der islamischen Diktatur
offenkundig. Das hat die Straße in Teheran immerhin erreicht. Das 
Regime wackelt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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