Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld)zu den Entscheidungen der Unesco zum Weltkulturerbe
Bielefeld (ots)
Wer gehört nicht in diese Reihe: A. die Ruinen von Pompeji B. die Tempel von Angkor Vat C. Pekings »Verbotene Stadt« D. das Dresdener Elbtal Falls Sie jetzt auf Antwort D. tippen, weil das Elbtal - im Gegensatz zu den erstgenannten Örtlichkeiten - gerade seinen Status als Weltkulturerbe verloren hat, so haben Sie natürlich recht. Oder doch nicht? Der Verlust des Titels nämlich ist gleich in zweifacher Hinsicht ein Skandal: Zum einen hat das in sich selbst verliebte Dresden geglaubt, es dürfte sich im Umgang mit der Weltorganisation Unesco alles erlauben. Zum anderen aber messen die Hüter des Kulturerbes mit zweierlei Maß - wäre das Komitee, das den Daumen über Dresden gesenkt hat, ein objektiver Sachwalter seiner eigenen Ideale, dann gehörten auch Pompeji, Angkor Vat und Peking von der Liste des Weltkulturerbes gestrichen. Und manche Stätte anderswo in der Welt ebenfalls. Es stimmt ja: Dresden, verhätschelt von internationaler Anteilnahme, die sich in der Hilfe für die Frauenkirche manifestierte, hält sich für kulturell so wertvoll, dass es ohne Sinn und Verstand in der Landschaft herumfuhrwerken darf. Die Waldschlößchenbrücke wird gebaut, basta, wie fadenscheinig die Begründung auch sei. Demokratie? Ein paar tausend Dresdener hofften, schneller durch den Feierabendverkehr zu kommen, und machten ihr Kreuz hinter »Brücke: ja«. Der Rest der Republik hätte Nein gesagt, wurde aber gar nicht erst gefragt. Das Unesco-Komitee, umgekehrt, stellt ebenfalls keine Fragen. Wäre es anders, dann käme heraus, dass Pompeji an allen Ecken bröckelt, während Italiens Regierung Däumchen dreht. Dann würde öffentlich, wie in Angkor Vat Kambodschas Tempelarchitektur mit hanebüchenen Techniken kaputtrestauriert und vom Tourismus zerschlagen wird. Man erführe auch, dass die Chinesen klammheimlich Pekings Altstadt abbauen. Wo man hinblickt: Gleichgültigkeit gegenüber dem Erbe der Ahnen, als dessen Hüter die Unesco auftritt. 186 Staaten haben sich verpflichtet, ihre welterbewürdigen Denkmäler zu erhalten, aber nicht alle tun es - Dresden ist dafür ein Beispiel. Und die Kölner wollten ihren Dom unter Hochhäusern begraben. In beiden Fällen hat die Unesco markig gedroht. Wenn hingegen die Afghanen die Buddhas von Bamijan pulverisieren: kein Protest. Wenn in Vorderasien die babylonischen, assyrischen und mohammedanischen Prachtbauten perdü gehen: Schweigen. Die Unesco wird offensichtlich nur dort energisch, wo sie nicht mit Widerstand rechnen muss. Logisch: Im Komitee sitzen die Chinesen, und wer möchte sich schon mit der mächtigsten KP der Welt anlegen? Rheinland-Pfalz hingegen ist kein ernstzunehmender Gegner. Das kleine Ländchen möchte gar zu gerne an der Loreley eine Brücke über den Rhein bauen. Unerhört! Die Unesco hat sich schon bedrohlich aufgepumpt. Bang erwarten die Pfälzer die Entscheidung im Sommer 2010.
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