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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan/Regierungserklärung der Bundeskanzlerin

Bielefeld (ots)

Angela Merkel hat keine Aufklärung über den
Luftangriff in Afghanistan geliefert, aber das konnte die Kanzlerin 
auch nicht. Es ist ja gerade ein Spezifikum der Debatte um den Abwurf
zweier Bomben bei Kundus, dass Urteile gesprochen werden, noch bevor 
alle Fakten auf dem Tisch liegen.
Merkel hat quasi den Anti-Jung gegeben. Zu Recht wird dem 
Verteidigungsminister vorgeworfen, dass er sich - wenn auch in bester
Absicht - zur Unzeit vor die Truppe gestellt und jeden Vorwurf für 
falsch erklärt hatte. Die Kanzlerin hat gestern »nur« Aufklärung 
zugesichert. Das jedoch ist das größtmögliche Versprechen, das sich 
derzeit geben lässt.
Angela Merkel hat nicht Opfer gezählt, sondern betont, »dass jeder 
unschuldig zu Tode gekommene Mensch einer zuviel ist«. Sie hat 
versichert, dass Deutschland die Verantwortung für das Handeln seiner
Soldaten trägt. Die Kanzlerin hat allerdings auch bekräftigt, dass 
sie den Einsatz für alternativlos hält - zum Schutz der afghanischen 
Bevölkerung wie zum Schutz der internationalen Sicherheit und des 
Weltfriedens.
»Niemand täusche sich: Die Folgen des Nichthandelns werden uns 
genauso zugeordnet wie die Folgen des Handelns.« In diesem einen Satz
hat Merkel die ganze Ambivalenz der Mission zum Ausdruck gebracht. 
Für viele Deutsche ist Afghanistan weit weg. Die Gefahr eines 
Terrorangriffs in Deutschland mag noch so groß sein, andere Probleme 
scheinen den Menschen näher zu sein. Das Unglück liegt im Glück, dass
es bei uns noch keinen Anschlag gab. So ist das oft zitierte 
Struck-Wort, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, für 
viele zur bloßen Phrase verkommen.
<p>Das mag die deutsche Politik bedauern. Sie muss aber darauf 
reagieren. Der Einsatz in Afghanistan ist in Deutschland besonders 
erklärungsbedürftig. Dem ist gestern Rechnung getragen worden. Das 
ist gut. Weniger gut ist, dass es dazu eines umstrittenen 
Bombardements bedurfte. Union und SPD hätten aus wahltaktischen 
Gründen lieber geschwiegen - eine Kapitulation vor dem Souverän, dem 
deutschen Volk.
Der Bundestag muss bis Dezember über ein neues Afghanistan-Mandat 
entscheiden. Wie immer die Mehrheiten nach dem 27. September aussehen
mögen, für die Parteien wird es ernst. Gefordert ist mehr 
Ehrlichkeit. Der Einsatz muss als das bezeichnet werden, was er ist: 
als Krieg. Damit verbunden ist auch die bittere Wahrheit, dass ein 
Krieg niemals so chirurgisch geführt werden kann, dass weder eigene 
Soldaten noch Zivilisten zu Schaden kommen. Zudem muss Deutschland 
bereit sein, nicht in Konkurrenz zu den Bündnispartnern, sondern 
gemeinsam mit ihnen vorzugehen. Anders kann es keinen Erfolg geben.
Die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, wie lange und unter 
welchen Umständen der Einsatz deutscher Soldaten fortgesetzt werden 
soll. Dazu hat die Kanzlerin gestern allenfalls Anhaltspunkte 
geliefert. Sicher ist: Es warten harte Jahre, ehe ein Abzug konkret 
werden kann.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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