Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Eurokrise und Börsenpanik
Bielefeld (ots)
Am Dienstag gipfelten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, am Donnerstag war die Panik an den Börsen zurück. Turbulent verlief auch der Wochenschluss. Ruhe an den Märkten? Ein frommer Wunsch! Dass Laien auf das Börsengeschehen der vergangenen Wochen längst nur noch mit Schulterzucken reagieren, kann man verstehen. Wenn jedoch selbst die vermeintlichen Experten mehr raten müssen als plausibel erklären können, woher wohl diesmal die Talfahrt rührt, trägt das nicht gerade zur Gelassenheit bei. Im Gegenteil. Die Nervosität nicht nur unter den Anlegern steigt, und die bange Frage lautet: »Hört das denn nie auf?« Rationale Gründe für die neuerlichen Verluste jedoch ließen sich für die allermeisten deutschen Titel nicht ausmachen. Das Geschäft läuft prima, die Auftragslage ist gut. Die Situation vieler Aktiengesellschaften steht nach wie vor im krassen Gegensatz zu den stetig fallenden Kursen. Und auch die von Merkel und Sarkozy erdachten Pläne zur Weiterentwicklung der Euro-Zone taugen nicht als hinreichende Erklärung für den jüngsten Abwärtstrend. Natürlich kann die geplante Finanzmarktsteuer zumindest den europäischen Handelsplätzen nicht schmecken. Demgegenüber aber stehen mit der Idee einer Wirtschaftsregierung und insbesondere mit dem Plan einer Schuldenbremse für die 17 Staaten der Euro-Zone zwei viel versprechende Instrumente. Beide sind freilich längst nicht etabliert und fallen allein deshalb als schnelle Hilfe aus. Doch sind sie immerhin der wenn auch späte Beleg dafür, dass die beiden führenden europäischen Volkswirtschaften den Euro und die Euro-Zone weiter verteidigen wollen. Nach langem Zaudern und Zögern haben Merkel und Sarkozy endlich das Signal gesendet, dass sie die EU stärker zu führen bereit sind. Endlich soll sich auch der Fokus verschieben. Weg von der ewigen Krisenintervention mit immer nur noch mehr Milliarden hin zur Strukturdebatte über eine dringend und zwingend notwendige größere finanz- und wirtschaftspolitische Einheit in der Euro-Zone. Zentrales Ziel dabei: Das Leben der Staaten auf Pump muss ein Ende haben. Das Problem nur: Allenthalben fehlt das Vertrauen, dass diese Pläne Wirklichkeit werden. Auch steht die Frage im Raum, welche Lesart sich am Ende durchsetzt: die strengere deutsche oder die französische. Für Angela Merkel heißt das, auf allen Ebenen Überzeugungsarbeit zu leisten. An der verunsicherten Basis wie gestern in Hameln, im Bundestag, wo sie am Dienstag der CDU/CSU-Fraktion zur Euro-Krise Rede und Antwort steht, und natürlich bei den Euro-Staaten, die mitmachen sollen und zustimmen müssen. Sicher ist das ein steiniger Weg mit ungewissem Ausgang. Sicher aber ist auch, dass diese Krise weitergehen wird, solange es an der Überzeugung mangelt, dass die Probleme gelöst werden können. Hier reagieren die Märkte nicht anders als die Menschen.
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