Westfalen-Blatt: zum Thema FDP:
Bielefeld (ots)
Der eine hat fünf Manuel Neuer, aber keinen Bastian Schweinsteiger, der andere hat Marco Reus doppelt, wünscht sich aber noch Mesut Özil und Mario Gomez: Was wir von Fußball-Sammelbildern noch gut in Erinnerung haben, macht offenbar auch den Liberalen sehr viel Freude. Aktuelles Beispiel ist das politische Tauschgeschäft »Abschaffung der Praxisgebühr« gegen »Einführung der Zuschussrente«. In Wahrheit feilscht die FDP aber nicht wirklich um Themen, sondern ihr geht es vorrangig um ihre eigene Zukunft. Die Tauschgeschäfte sind zwar nicht gut, aber sie gehören mittlerweile zur politischen Tagesordnung. Immerhin ist auch der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag voll davon. Aber der aktuelle Vorschlag, den es ja laut FDP-Chef Philipp Rösler niemals gegeben haben soll, zeigt, wie bitter nötig die Liberalen solche Teppichgeschäfte haben. Spätestens seitdem Rösler die Bundeskanzlerin mit einem Frosch verglichen und sie bei der Präsidentensuche blamiert hat, ist das Tischtuch zwischen Union und FDP zerschnitten. Und was macht eine Partei, die in der Regierung isoliert ist? Sie sucht verzweifelt nach einem Thema. Da würde es dem angeschlagenen Vorsitzenden gerade Recht sein, wenn er sich die Abschaffung der Praxisgebühr auf die Fahnen heften könnte. Rösler handelt nach dem Prinzip: Suche gutes Thema, biete alles, was der FDP nicht später wieder vor die Füße fallen könnte. Aber die Rechnung geht nicht auf. Kanzlerin Angela Merkel lässt die Liberalen am langen Arm verhungern. Die CDU-Chefin hat die FDP im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 ohnehin längst abgeschrieben. Sie erhofft sich Stimmen aus dem liberalen Lager, um dann eine von ihr geführte Große Koalition hinzubekommen. So muss Philipp Rösler wohl weiter in die Röhre schauen. Ihm bleibt nur die Rolle, vor dem Untergang Griechenlands zu warnen. Aber damit lässt sich nicht unbedingt punkten. Das Problem ist: Philipp Rösler muss liefern, damit die FDP nicht im Januar bei der Niedersachsen-Wahl baden geht. Sollte das ausgerechnet in seinem Stammland passieren, spätestens dann wäre Rösler als Vorsitzender weg vom Fenster. Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki ist auch jemand, der weiß, wie politische Tauschgeschäfte funktionieren. Erst recht, wenn es um den FDP-Vorsitzenden selbst geht. Gut möglich, dass Kubicki mit Hilfe des neuen Shootingstars Christian Lindner und Fraktionschef Rainer Brüderle dafür sorgt, dass Rösler bald selbst auf dem Tauschbasar landet. Die Zeit ist zwar noch nicht reif, aber sie wird kommen. Und dann heißt es: suche neuen FDP-Chef, biete Rösler.
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