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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu China

Bielefeld (ots)

China vollzieht in diesen Tagen nicht einen Wechsel der Macht, sondern lediglich deren Weitergabe. Der nach zehn Jahren übliche Übergang, diesmal von dem 69-jährigen Hu Jintao an den 59-jährigen Xi Jinping, ist nur scheinbar perfekt. Trotz eines stringenten Drehbuchs erlaubte der gestrige Auftakt des 17. Großen Kongresses der Kommunistischen Partei einen kurzen Blick hinter die roten Kulissen. Dort kämpfen höchste Parteikader um Macht und Milliarden. Der scheidende Staats- und Parteichef Hu Jintao musste in der großen Halle des Volkes seinen Widersacher Jiang Zemin (86) dulden. Die sonst graue Eminenz im Hintergrund thronte auf dem Ehrenplatz zu seiner Linken. Daraufhin holte Hu in seiner letzten großen Rede zum Gegenschlag aus. Er stellte den Chinesen eine Verdoppelung des Pro-Kopf-Einkommens bis 2020 in Aussicht. Ein Versprechen für das Volk, eine Drohung an dessen Führer. Denn: Hu ist gegen Xi. Der Noch-Staatschef Hu Jintao hat damit den Finger in die Wunde nachlassender Wirtschaftsdynamik gelegt. Zugleich hat er die Messlatte für die Günstlinge des Parteipatriarchen extrem hoch platziert. Hu weiß, was die Stunde geschlagen hat. Schon Anfang des Jahres war sein Günstling Bo Xilai in Ungnade gefallen. Vor wenigen Tagen ließen Hus Gegner Berichte über ein Milliardenvermögen der Familie des zum Abschuss freigegebene Staats- und Parteichefs zu. Korruptionsvorwürfe sind in China nie Vehikel ehrlicher Reform, sondern Ausdruck gewetzter Messer. Losgelöst vom Klüngel in der längst nicht mehr kommunistischen Partei hat China ein dramatisches Problem, auf das Hu mit seiner Rede hingewiesen hat. Das Schwellenland braucht mindestens acht, besser zehn bis zwölf Prozent Wachstum. Sonst rebelliert das Heer der 300 Millionen Wanderarbeiter. Zusätzlich explodieren die Sozialkosten infolge der Ein-Kind-Politik. Nicht einmal der weltgrößte Devisenschatz genügt, um das Steigen der Löhne und Wegbrechen der Dynamik aufzufangen. Niemand weiß, wie lange sich das System noch hält. Die Demokratiebewegung glaubt, dass der Fall der Chinesischen Mauer schon bald möglich wird. Ja, in China, der Schutzmacht aller Folterstaaten dieser Welt, regt sich eine unglaublich mutige und unerschrockene Dissidentenszene. Zugleich begehrt das Volk vielerorts gegen korrupte Bürokraten und umweltpolitische Sauereien auf - und sammelt Erfolge. Außerdem: Wer immer nur auf den Boom an der Goldküste blickt, der übersieht weitere Instabilitäten. In Tibet verbrennen sich verzweifelte Menschen, Uiguren und Mongolen wollen endlich Gleichberechtigung. Junge Leute aus all diesen Gruppen haben jüngst einen gemeinsamen Namen für sich gefunden: Generation 19. Das heißt: Nicht der 18. Kongress ist der ihre, sondern der nächste, der 19. Kongress 2017. Dann soll es keine KP mehr geben.

Pressekontakt:

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Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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