Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien
Bielefeld (ots)
Sie kommen nicht mehr aus Homs heraus, 89 Alte und Kinder, alles Christen. Um sie und die anderen, die in der syrischen Stadt Homs eingekesselt leben, kümmert sich der holländische Jesuitenpater Frans van der Lugt. Sie überleben in einem alten Kloster, die Vorräte aus Bohnen und Datteln werden knapp, Medikamente fehlen. Immer wieder fällt der Strom aus. Die Heizung ist kaputt. Wer bisher raus konnte, floh aus der Stadt. Wer ausharrt in Homs, wie Pater Frans und die 89, der lebt im Angesicht des Martyriums. »Wir denken nicht an das Martyrium«, sagt der Pater, wenn man ihn mal telefonisch erreicht, »wir versuchen, für die dringendsten Bedürfnisse Lösungen zu finden«. Gibt es Lösungen für die Syrienkrise? Pater Frans sucht verzweifelt und wird vielleicht einen Weg finden, über versteckte Kanäle Lebensmittel zu besorgen. Aber die Diplomatie steckt im Schlamm der nationalen, religiösen und persönlichen Interessen fest. Solange Russland dem Diktator Baschar al-Assad die Stange hält, so lange sind den westlichen Mächten die Hände gebunden. Bisher hat Moskau jede Resolution in der UNO, die auch nur entfernt ein militärisches Eingreifen ermöglicht hätte, abgeblockt. Das wird Präsident Wladimir Putin auch weiter tun. Und er wird dafür sorgen, dass es bei diesem Patt bleibt. Assads Syrien ist der einzige Verbündete Moskaus in der Region. Im Klartext: Putin wird Assad davon abhalten, chemische Waffen einzusetzen. Es gibt Eskalationsstufen unterhalb dieses Einsatzes. Das Signal Washingtons und der Nato, bei einem Einsatz chemischer Waffen einzugreifen, ist zugleich Indiz dafür, dass man bis dahin auch still hält. Das Schießen wird also weitergehen und die humanitäre Katastrophe auch. Der Westen schaut de facto tatenlos zu. Das Getöse der Nato mit den Patriot-Raketen am Nebenschauplatz türkisch-syrische Grenze übertönt nur die Hilflosigkeit. Andererseits war dieses Signal geboten. Syrien verfügt über die größten Bestände an chemischen Waffen in der Region. Sie waren einst gedacht als Gegengewicht zu den israelischen Atomwaffen, sozusagen als die Bombe der nuklearen Habenichtse. Insofern ist Washingtons Signal auch in Richtung Iran zu verstehen. Die Rote Linie für A-und C-Waffen gilt auch für die Mullahs. In der Sache war das Signal nicht nötig. Israel beobachtet die Bürgerkriegsparteien schon lange und weiß genau, wo die Komponenten der C-Waffen gelagert werden. Auf keinen Fall wird man die Arsenale in die Hände der islamistischen Aufständischen fallen lassen. Es ist damit zu rechnen, dass die Kämpfe massiver werden. Ohne Luftunterstützung haben die Aufständischen keine Chance. Aber in den Städten kann die Armee Assads ihre Kräfte gegen die von Saudis und Katar ausgehaltene Guerilla nicht voll entfalten. Der Wahnsinn der Zerstörung und des Hasses wird noch eine zeitlang weitergehen - auf dem Rücken der Bevölkerung.
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