Westfalen-Blatt: zum Thema Drohnen-Debakel:
Bielefeld (ots)
Den letzten beißen die Hunde. Deshalb ist es wenig hilfreich, auf all die Verteidigungsminister zu zeigen, die sich im Zusammenhang mit der Aufklärungsdrohne »Euro Hawk« nicht mit Ruhm bekleckert haben. Rudolf Scharping, Peter Struck, Franz-Josef Jung, Karl-Theodor zu Guttenberg und jetzt auch Thomas de Maizière haben sich offensichtlich von der Industrie und den angeblichen Fachleuten im Ministerium überzeugen lassen, dass alle Probleme lösbar seien. Das sind sie letztendlich doch nicht, zumindest nicht zu vertretbaren Kosten. Einige hundert Millionen Euro an deutschen Steuergeldern sind damit weg. Deshalb war es richtig, dass de Maizière in der vergangenen Woche das Drohnenprojekt gestoppt hat. Aber warum so spät? Den Zeitpunkt hat der Minister zu verantworten. Warum hat de Maizière am 8. Mai dem Kabinett einen Bericht vorgelegt, in dem die Aufklärungsdrohne als »strukturrelevantes Hauptwaffensystem« aufgeführt ist? De Maizière weiß, dass vor ihm Minister aus weit harmloseren Gründen ihren Hut nehmen mussten. Spätestens seit 2011 war klar, dass »Euro Hawk« in Europa keine Zulassung erhält. Und nicht wenige Fachleute behaupten, dass seit Vertragsabschluss im Jahr 2007 damit zu rechnen war, dass dieses unbemannte Aufklärungsgerät die notwendige Fluggenehmigung nie erhalten wird. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Hersteller in den USA aus Geheimhaltungsgründen nicht alle Dokumente vorlegen wollen. Selbst der Bundesrechnungshof sollte sich mit geschwärzten Unterlagen zufrieden geben. Ein Unding: Es muss möglich sein, dass alle Staatsausgaben - auch Waffenprojekte - von unabhängiger Seite geprüft werden. Dabei hat die »Euro Hawk«-Pleite auch ein Gutes: Die Gesellschaft gewinnt Zeit für eine Diskussion darüber, ob und wie die Bundeswehr Drohnen einsetzen will. Für den Schutz der Soldaten sollte kein Preis zu hoch sein - darin sind sich Verteidigungspolitiker und Soldatenverbände einig. Aber was heißt das? Krieg ist kein Computerspiel, bei dem anonyme Figuren den Joystick bedienen, um risikolos Gegner zu besiegen. Jede deutsche Drohne wird von einem Bundeswehrpiloten gesteuert, bei Kampfeinsätzen kommen Menschen - auch Unschuldige - zu Schaden. Während die »Euro Hawk« ohne Waffen fliegen sollte, denkt das Verteidigungsministerium schon weiter. In den USA läuft eine Kaufvoranfrage Deutschlands über Kampfdrohnen. De Maizière rechnet noch für diesen Monat mit einem positiven Bescheid. Aber auch diese bewaffnete Drohnen erhalten nach wohl keine Zulassung. Es besteht keine Eile: Erst muss die Grundsatzdiskussion geführt werden und bis zu einer Entscheidung kann die Bundeswehr die gemietete israelische Drohne weiter nutzen. Auch wenn der Verteidigungsminister sagt, vor der Bundestagswahl stehe keine Entscheidung an, er hat die Weichen gestellt.
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