Westfalen-Blatt: zu »Wetten, dass..?«
Bielefeld (ots)
Den »Knaller« hob er sich ganz bis zum Schluss auf - und er kam mit Schalldämpfer: Wer nicht genau hinhörte, bekam gar nicht mit, dass Markus Lanz da ganz unaufgeregt in den Schlussapplaus hinein die letzten drei Folgen von »Wetten, dass..?« angekündigt hatte. Erst im nachfolgenden »heute journal« der Samstagnacht um 23 Uhr wurde dann - gewissermaßen als amtliche Spitzenmeldung - verbreitet, was nun die gesamte TV-Nation bewegt: »Das letzte große Lagerfeuer« am Samstagabend erlischt. Nach 33 Jahren ist Schluss mit »Wetten, dass...?«. Man mag da wieder mal von der Ironie der Geschichte sprechen, dass Markus Lanz vor dieser seiner leisen Schlussmeldung eine seiner besten Leistungen auf diesem Sendeplatz abgeliefert hatte - bei seiner 13. Ausgabe. Wetten originell bis spektakulär, Gäste aufgeschlossen und fröhlich, zwei nette Herren, vier nette Damen - allerdings alle bis auf Lanz und Hollywood-Star Cameron Diaz schwarz gekleidet. Wussten sie mehr? Von Markus Lanz schien der Druck genommen, alles noch besser als perfekt machen zu müssen, und dieser Schritt in Richtung Normalität machte auch für die Zuschauer die Sendung zu einem entspannten, entspannenden Ereignis. Belohnt wurde dass dann auch noch mit einer wieder deutlich verbesserten Quote. Dass Frank Elstner als Erfinder-Vater von »Wetten, dass..?« die Verkündigung des nahen Todes »an die Nieren ging« ist nachvollziehbar und war zu erwarten. Dass Thomas Gottschalk wiederum lospolterte, dann hätte er die Show ja auch gleich selber an die Wand fahren können, ist ein weiterer Beweis für seinen Mangel an Selbstkritik. Schließlich hatte er, als er Ende 2011 ausstieg, bereits die Richtung auf diese Wand vorgegeben. Dass das Publikum von Gottschalks Performance nicht mehr überzeugt war, lässt sich auch daran ablesen, dass »Thommy Allmächtig«, wie er sich noch immer fühlen mag, seitdem auch mit allen Neuversuchen schnell wieder vom Bildschirm verschwand. Markus Lanz hat sich mit vollem Risiko ins Wagnis gestürzt, das sinkende Show-Boot noch ans Ufer und dann vielleicht, frisch aufgetaktelt, wieder auf See zu bekommen. Es ist ihm nicht gelungen, er hat Spott und Häme geerntet, aber er hat es mit aller Kraft, auf seine Art, versucht. Alles hat seine Zeit. Das wissen nicht nur Prediger. Die Fernsehgewohnheiten haben sich geändert, die Sendervielfalt ist eine andere als in den 1980ern. Als Show war »Wetten, dass..?« vielleicht nicht mehr schrill genug, zu betulich, zu langatmig. Die Wetten waren oft genug Repliken leicht abgewandelter Art. Die letzten drei Folgen am Ende dieses Jahres werden vermutlich die mit den denkbar besten Zuschauerzahlen sein. Und das ZDF wird es schwer haben, ein ähnlich dauerhaft verlässliches Produkt auf den Sender zu bringen. Die Welt wird sich weiterdrehen, auch ohne »Wetten, dass..?«. Aber alle werden sich gern erinnern an diese schönen Zeiten am TV-Lagerfeuer - auch die einst ärgsten Kritiker.
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