Westfalen-Blatt: zur NSA-Reform
Bielefeld (ots)
Heimlich, still und leise begann die NSA nach den Terroranschlägen des 11. September Kommunikationsdaten massenhaft zu sammeln. Jahrelang ahnte die Öffentlichkeit nicht, dass die Geheimdienste nicht nur Verdächtige im Ausland im Visier hatten, sondern auch unbescholtene US-Bürger. Entsprechend groß war die Aufregung als »Whistleblower« Edward Snowden Ausmaß und Umfang der Schnüffeleien enthüllte. Dem ehemaligen Vertragsarbeiter der NSA fällt das Verdienst zu, die Grundlagen für eine informierte Debatte über die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Dass nun ein Bündnis aus radikal-liberalen Republikanern und linken Demokraten eine Überholung des so genannten »Patriot Acts« erzwingt, ist die erste Konsequenz. Beschlossen ist noch nichts, aber die Zwangspause bei der Sammlung der Metadaten durch die NSA markiert eine Zäsur. Erstmals seit den Anschlägen auf New York und Washington ließ sich der Kongress nicht einschüchtern, Bürgerrechte auf dem Altar behaupteter Sicherheitsbedürfnisse zu opfern. In der Vergangenheit hatten sich die Gesetzgeber immer wieder mit derselben Taktik in die Ecke treiben lassen. Ohne eine Verlängerung der Vollmachten für die Geheimdienste sei die Heimat in höchster Gefahr. Senatsführer Mitch McConnell versuchte die Rezeptur auch diesmal anzuwenden und scheiterte. Sein Parteifreund Rand Paul ließ ihn durch einen Verfahrenskniff auf- und den »Patriots Act« einfach auslaufen. Nun muss McConnell einer Reform zuzustimmen, das im Repräsentantenhaus eine breite überparteiliche Mehrheit hat. Der sogenannte »USA Freedom Act« bleibt weit hinter den Wünschen von Bürgerrechtlern und Datenschützern zurück. Aber er korrigiert das aus dem Gleichgewicht geratene Verhältnis zwischen den Anmaßungen des Überwachungsstaats und dem Anspruch der Bürger auf Privatsphäre. Amerikaner werden bald nicht mehr automatisch unter Generalverdacht gestellt, wie das bisher bei dem von der NSA praktizierten massenhaften Absaugen von Metadaten im Telefonverkehr die Praxis war. Stattdessen müssen die Schlapphüte sich im Einzelfall eine Genehmigung holen. Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, den Staat wehrlos zu machen. Aber noch fehlt der Nachweis, dass die außer Rand und Band geratenen NSA-Schnüffeleien nur einen Anschlag verhindern konnten. Die Kontrolle der Geheimdienste muss in demokratischen Gesellschaften durch gewählte Volksvertreter und Gerichte ausgeübt werden. Der US-Kongress steht vierzehn Jahre nach dem 11. September davor, dieser Verantwortung erstmals nachzukommen. Ein wichtiger Schritt, dem weitere folgen müssen, um die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit wiederherzustellen.
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