Berliner Virologe Drosten gegen Zugeständnisse an die USA nach WHO-Austritt
Köln (ots)
Warnung vor Rückfall der globalen Gesundheitspolitik in neokoloniale Muster - Stärkerer Einfluss der USA nicht in deutschem Interesse
Köln. Der Berliner Virologe Christian Drosten hat nach dem Austritt der Vereinigten Staaten aus der Weltgesundheitsorganisation WHO davor gewarnt, die US-Regierung durch Lockangebote zu einer Revision ihrer Entscheidung zu veranlassen. "Noch mehr Einfluss für die USA in der WHO würde das multilaterale Gleichgewicht destabilisieren", schreibt der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und Leiter des dortigen "Zentrums für Global Health" im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe).
Deutschen Interessen im Globalen Süden erwachse durch die neuen Entwicklungen in den USA eine Konkurrenz, "der man nicht noch zusätzlich durch eine Erweiterung des amerikanischen Einflusses in der WHO den Rücken stärken sollte. Jedenfalls dann nicht, wenn man als Gesundheitspolitiker in deutschem Interesse argumentieren will."
Drosten reagierte auf Vorschläge seines Bonner Kollegen Hendrik Streeck, der den Austritt der USA als Chance bezeichnet hatte, die WHO effizienter zu organisieren, eine finanzielle Bevorteilung Chinas bei den Beiträgen zu der UN-Organisation abzubauen und die USA so mit einer größeren Beitragsgerechtigkeit zu einer Rückkehr in die WHO zu veranlassen.
Die während der ersten Amtszeit Trumps von 2017 bis 2021 betriebene Entwicklung der WHO zu einer Plattform für Mitsprache und Empowerment des Globalen Südens liege im Kern der globalen Gesundheitsstrategie mit einem verstärkten Engagement Deutschlands. "Diese Entwicklung lässt sich nicht zurückdrehen, ohne in neokoloniale Muster zurückzufallen", warnt Drosten.
"Nur wer in Unkenntnis internationaler Gesundheitspolitik argumentiert, kann sich eine noch größere amerikanische Rolle in der WHO wünschen", entgegnete der Mediziner auf die Vorschläge Streecks. Die USA hätten bis vor kurzem selbst den Multilateralismus gestützt, den die "Make America Great Again"-Bewegung (Maga) in den USA heute als Hindernis betrachtet. "Deutschland darf sich hier nicht in eine Politik drängen lassen, die es langfristig nur schwächen würde", so Drosten.
Der Gastbeitrag im Wortlaut:
Gastbeitrag von Hendrik Streeck:
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