Neue Presse Hannover: Es muss auch mal gut sein Ein Kommentar von Harald John
Hannover (ots)
Während sich Bundespräsident Wulff weiter im Kriegszustand wähnt, scheint sich die Empörungskurve im Land abzuflachen. Nun müsse es doch auch mal gut sein, heißt es. Doch wie der Zustand des Guten wiederherzustellen ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. In der ersten - und mildesten - Variante gilt der Präsident als "einer von uns". Einer, der auch mal irren dürfe. Der seinen eigenen Vorteil sucht wie der Rest der Welt und nur wegen der nächsten Schlagzeile gejagt werde. So verstanden scheint sich Wulff zu fühlen, wenn er verspricht, dass die Affäre bald ausgesessen sei. Oder erleben wir vielmehr das Ende mit Schrecken, weil das Amt durch Wulffs Wahrheits-Slalom nachhaltig beschädigt wurde und der Mann nicht mehr zu halten ist? Schon kursieren Namen möglicher Nachfolger wie Klaus Töpfer oder Norbert Lammert. Ersterer steht als Ex-Umweltminister für ein Bekenntnis zur Ökologie, und humanes Wachstum; Zweiterer ist bekannt für seine Liebe zur Kultur und seine humorvolle, geistreiche Art. Erst in diesem Kontrast wird einem die Frage bewusst, für was Christian Wulff eigentlich steht. Nähe zur Wirtschaft? Konsequent zu Ende gedacht hat Wulff das Amt des Bundespräsidenten ad absurdum geführt. Brauchen wir wirklich einen weisen Mann an der Spitze, der gelegentlich Ruck-Reden hält und ansonsten wie ein bedeutungsloser Monarch durch die Welt tourt? Auf der Suche nach dem letzten guten Bundespräsidenten sind wir schnell bei Richard von Weizsäcker und in den frühen neunziger Jahren. Lange her. Eins steht fest: Gut wird so schnell nichts, im Gegenteil. Es könnte noch eine Weile immer schlimmer werden. Wichtig wäre es jedoch, dass wir jenseits von absurden Mailbox- und Kredit-Enthüllungen ernsthaft diskutieren: Welchen Bundespräsidenten wünschen wir uns im Jahr 2012 - einen Mitläufer, ein Vorbild oder einen strengen Mahner? Wollen wir den Mann (oder endlich mal die Frau) selbst wählen oder das Amt auf den Haufen der Geschichte befördern? Diese Debatte ist überfällig. Und die Krise könnte am Ende für alle gut sein.
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