Neue Presse Hannover: Auch nur ein Mensch Kommentar von Christian Lomoth
Hannover (ots)
"Was für ein schöner Sonntag." Joachim Gauck brachte es auf den Punkt - so entspannt, so harmonisch, so nett ging es gestern im Reichstag zu. Es war so ganz anders als noch vor zwei Jahren, als sich Christian Wulff durch drei Wahlgänge quälen musste, bis er endlich Bundespräsident war. Nun ist es Gauck. Und die Deutschen sind froh, dass der Mann aus Großburgwedel endlich Vergangenheit ist - jedenfalls was dieses hohe Amt angeht.
Und sie sind erleichtert, dass Joachim Gauck der Nachfolger ist, der Vertrauensvorschuss ist jedenfalls enorm. Einige von ihnen werden in naher Zukunft allerdings enttäuscht werden, denn die Erwartungen an den 72-Jährigen sind groß. Viel zu groß. Er soll die würdelosen Abgänge von Wulff und Horst Köhler vergessen machen, dem Amt des Bundespräsidenten neuen Glanz und wieder einen Sinn verleihen, die Menschen wachrütteln, das Thema Integration weiterführen, die Menschen in Ost und West vereinen, bescheiden leben, keine Geschenke annehmen und am besten auch noch heiraten. Das alles kann er nicht, das muss er auch nicht. Schließlich ist auch Joachim Gauck kein Heilsbringer, sondern nur ein Mensch. Aber ein sehr erfahrener, und so wird er sich nicht verrückt machen lassen angesichts der Euphorie.
Das neue Staatsoberhaupt wird seine eigenen Themen finden, viel von Freiheit reden und die Menschen erreichen - mit einer Autorität, die geprägt durch seine Geschichte ist. Eine Biografie, die so viel spannender ist als die von Wulff und Köhler. Der 72-Jährige ist ein phantastischer Redner, das hat er gestern wieder bewiesen. Und so können die Deutschen sicher sein: Der Mann wird sie aufrütteln, er wird auch Angela Merkel und andere Politiker nerven, wenn er es für richtig hält. Es deutet alles darauf hin, dass es eine schöne Amtszeit wird.
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