eco - Verband der Internetwirtschaft e. V.
eco nennt Hauptursachen für künftige Infrastrukturprobleme im Internet
Exponentiell wachsender Verkehr ist nicht der Grund
Köln (ots)
Auf seinem Kongress am 11. September auf dem Vulkan in Köln wagte der eco Verband der deutschen Internetwirtschaft vor rund 200 Besuchern einen Blick über die Grenzen des Internets. "Wir befinden uns mitten in der größten Umbruchphase seit der Geburtsstunde des World Wide Web. Die Wirtschaft steht vor einigen Herausforderungen, die bis vor kurzem noch völlig undenkbar waren und die dringend angegangen werden müssen, damit es nicht schon bald zu Engpässen kommt", so Harald A. Summa, eco-Geschäftsführer, anlässlich des Internetkongresses. Der Bereich, der künftig in vorderster Linie von knapper werdenden Ressourcen betroffen sein könnte, ist die Infrastruktur. "Da sie aber die Basis für alles andere darstellt, was mit dem Internet zusammenhängt, müssen die hier bestehenden Probleme zügig angegangen werden", mahnt Harald A. Summa.
Die Hauptursachen für die Knappheit sind durchaus überraschend und entgegen einer weit verbreiteten Meinung weder auf die steigende Breitbandexpansion in Deutschland und Europa, noch auf das damit im Zusammenhang stehende explosionsartige Wachstum des Internetverkehrs zurückzuführen, sondern haben eher etwas mit Energieeffizienz und einem lange nicht mehr diskutierten Thema zu tun, das jetzt eine unerwartete Renaissance erlebt. "Es ist richtig, dass das Internet wächst - in manchen Ländern um 100 bis 200 Prozent pro Jahr", bestätigt Frank Orlowski, Director Business Development beim DE-CIX. Der größte deutsche Internetknoten in Frankfurt am Main startete selbst Anfang 2007 mit einem Datendurchsatz von 120 Gigabit pro Sekunde und steht heute nach eigenen Angaben bei rund 400 Gigabit. "Richtig ist auch, dass es Hardware-Limits gibt, die die Skalierung der Internet-Infrastrukur erschweren. Aber diese Probleme sind längst adressiert und werden gelöst", sagt Frank Orlowski und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: "Das Internet funktioniert ja auch einwandfrei - zumindest hat uns noch niemand angesprochen." Kopfschmerzen bereitet die Tatsache, dass der aktuell genutzte IPv4-Adressraum zur Neige geht. "Heute haben wir vier Milliarden Adressen und die Vergabestelle IANA geht davon aus, dass ab 2011 keine IP-Adressen mehr vorhanden sind. Ein echtes Horrorszenario ist, dass IPv4-Adressen aufgrund ihrer Knappheit an Wert gewinnen oder sogar versteigert werden", denkt Harald A. Summa ein Stück weiter in die Zukunft. Große Hoffnungen setzen eco und DE-CIX in die bereits existierende IPv6-Technologie. Das Problem: Die Provider verschlafen die Migration und treten ein wenig zu unbekümmert auf - der Leidensdruck scheint noch nicht groß genug zu sein. "Man sollte aber nicht immer erst dann handeln, wenn der Supergau schon eingetreten ist. Die Migration der Netze auf IPv6 sollte erfolgen, bevor die IPv4-Adressen endgültig aufgebraucht sind", rät Harald A. Summa.
Ein weiteres heißes Eisen im Zusammenhang mit der Infrastruktur sind die Schwierigkeiten, mit denen die Rechenzentren heute zu kämpfen haben. An erster Stelle steht dabei die Energieverschwendung. Laut Dr. Dieter Schramm, Practice Executive bei Dell Global Services fließen lediglich dreißig Prozent der Energie in einem Rechenzentrum in die IT-Leistung, siebzig Prozent werden für die Stromerzeugung und Kühlung gebraucht. Lediglich 54 Prozent des Stroms komme tatsächlich in der CPU an, was eine erhebliche Verminderung der Rechenleistung zur Folge hat. "Dazu kommt, dass rund siebzig Prozent der zur Verfügung stehenden Ressourcen alleine dafür verwendet werden, die Systeme am Laufen zu halten. Auf Veränderungen in der Technologie und am Markt kann auf diese Weise natürlich niemand reagieren." Mögliche Lösungsansätze sehen vor, dass bei der Kühlung eine strikte Trennung zwischen kalter und warmer Luft erfolgt und ein höherer Grad an Flexibilität erreicht wird. "Die größten Stromfresser sind Kompressoren und Kältemaschinen", berichtet Dr. Dieter Schramm. "Es muss das Ziel jedes Rechenzentrums sein, die Einsatzzeiten dieser Geräte zu verringern." Das funktioniere beispielsweise über die Nutzung des natürlichen Wasserkreislaufes. "In Zeiten, in denen es draußen um die 18 Grad warm ist, wird der Kompressor überhaupt nicht mehr benötigt." Ein wichtiges Thema sei zudem die Konsolidierung der Serverlandschaften über die Virtualisierung und die Rückkehr zu kleineren Rechenzentren.
Eine echte Knappheit besteht also nicht. Sehr treffend drückt dies zusammenfassend Gerhard Leo Büttner, Geschäftsführer des Design Institut München (DIM) aus: "Echte Knappheit haben wir nicht. Knappheit bedeutet ja, dass eine Ressource ausläuft. Aber die Ressourcen sind ja da und müssen nur adaptiert werden. Da besteht allerdings echter Handlungsbedarf."
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