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Deutsche Marine - Pressemeldung (Feature): Altes Seemannshandwerk immer noch unverzichtbar - Wie eine Wolgasterin auf See mit anderen Schiffen kommuniziert
Glücksburg (ots)
Wilhelmshaven - Bunte Flaggen wehen an den Rahen - also an den Masten - der Boote und Schiffe der Deutschen Marine. Nur wenige wissen, was sie bedeuten - selbst innerhalb der seefahrenden Teilstreitkraft ist dieses alte Seemannshandwerk ein Buch mit sieben Siegeln. Wer sind die Leute, die heute noch fähig sind, nach alter Art mit Licht zu Morsen oder sich über Flaggensignale zu verständigen? Wer kann auch moderne Kommunikationstechnik bedienen und damit die Sprechverbindungen zu anderen Schiffen oder Landstellen aufrechterhalten? Eine von diesen Spezialisten ist Maat Bianca Kruse. Die 22-Jährige ist Signälerin auf dem größten Schiff der Marine - dem Einsatzgruppenversorger "Berlin". Sie steht stellvertretend für alle ihre Kameraden des sogenannten Signalbetriebs der Marine. Zurzeit befindet sich die Soldatin mit der "Berlin" auf See - im Nato-Einsatz im Mittelmeer. Erst in fünf Monaten wird das Schiff zurück in ihren Heimathafen Wilhelmshaven einlaufen. Bis dahin wird sie ihre Arbeit tun - mit Wimpeln und Flaggen oder mit Signalscheinwerfern. Die Wolgasterin sagt: "Ein Schiff ohne Flaggen ist wie ein Fisch ohne Gräten." Sie erzählt von den Aufgaben der Signäler an Bord. Ihr Aufgabenspektrum sei vielseitig bunt, so wie die Signalflaggen am Mast. Die Männer und Frauen der Verwendung Signalbetrieb benutzen oft allein diesen Fahnenschmuck, um wichtige Nachrichten von Schiff zu Schiff zu übermitteln. Das ist lautlos - kann nicht unbemerkt abgehört werden. Dazu brauchen die Männer und Frauen der Verwendungsreihe 27 - wie der Signalbetrieb bei der Marine offiziell heißt - vor allem eins: Eine schnelle Auffassungsgabe.
Seit der Antike werden Flaggen genutzt
Bei den Signälern handelt es sich innerhalb der Marine noch um durchweg echte Seefahrer. Nur die Kameraden vom sogenannten Decksdienst und von der Navigation sind ebenfalls fast ausschließlich an Bord von Schiffen und Booten tätig. Wer bei der Marine unbedingt zur See fahren will, sollte zu einer dieser Verwendungsreihen gehen. Dabei hat der Signäler eine lange Tradition. Schon in der Antike nutzten Seefahrer Flaggen zur Befehlsübermittlung oder Verständigung auf See. Aber auch das ist für Außenstehende ein typisches Marinebild: In der Dunkelheit leuchten auf dem Meer lange und kurze Lichtblitze auf. Das Lichtmorsen ersetzt die Flaggen-Kommunikation zwischen Booten und Schiffen bei Nacht. Nicht mehr im Gebrauch ist das Flaggenwinken, bei dem ein geübter Soldat mit zwei Flaggen in seinen Händen sehr schnell alle Buchstaben des Alphabets zu einem Nachbarschiff übermitteln kann. "Das geht heute mit Tastfunk-Morsezeichen oder Lichtmorsen wesentlich schneller", so Kruse.
Signäler werden oft "Blinkis" genannt
Aufgrund der Tätigkeit am Signalscheinwerfer werden die Signäler an Bord oft "Blinkis" genannt. Das klingt nicht herablassend sondern eher liebevoll anerkennend - denn kaum jemand versteht diese scheinbare Geheimsprache. Seit 1. Juli 2007 ist Bianca Kruse eine von diesen Blinkis. Sie erzählt, wie sie es wurde: "Die dreimonatige Grundausbildung fand in Bremerhaven an der Marineoperationsschule statt. Etwa die Hälfte der Zeit verbrachten wir mit der grünen Ausbildung - also dem militärischen Teil. Die andere Hälfte bestand aus fachlichem und praktischem Lehrstoff des Signalbetriebs." Direkt nach der Grundausbildung folgte für die Zeitsoldatin der dreimonatige fachliche Maatenlehrgang. Maate sind die Unteroffiziere der Marine - also Fachleute auf Gesellenebene. Rückblickend sagt Kruse: "Es war eine harte Zeit. Denn wir mussten in allen drei üblichen Verfahren, also sowohl mit den beiden optischen Mitteln als auch mit dem Sprechfunk arbeiten. Hinzu kam das Tastenmorsen. Im Gegensatz zur Grundausbildung waren auf dem Maatenlehrgang statt sechs, acht Wörter pro Minute zu meistern." Dank der guten Ausbilder sei das aber zu schaffen gewesen. Das Geschwindigkeitsmessverfahren WPM - das heißt Wörter pro Minute - basiert auf einem einzigen Wort: Paris.
Wolken ermöglichen Lichtzeichen über den Horizont hinaus
Während dieser Ausbildung hat Kruse für sie vollkommen neue Erfahrungen gemacht. Sie sagt: "Wer denkt, dass man nur bis zum Horizont morsen kann, der irrt sich. Wenn die Bedingungen gut sind und nachts nur eine einzige Wolke in der richtigen Richtung am Himmel steht, dann können wir gegen diese Wolke leuchten. Wie über ein Dreieck können dann auch Schiffe hinter dem Horizont noch lesen, was wir ihnen zu sagen haben". Seit die Mecklenburgerin auf der "Berlin" ist, verrichtet sie ihren Dienst auf der Brücke und auf dem Signaldeck, welches auf dem Einsatzgruppenversorger über der Brücke liegt. "Auf anderen Schiffen, wie zum Beispiel unseren Fregatten, haben wir in besonderen Fällen auch noch einen Platz in der Operationszentrale (OPZ), um von dort aus den Sprechfunkverkehr aufrecht zu erhalten. "Dann führen wir auch das sogenannte Betriebsbuch. Dort zeichnen wir jeden einkommenden und hinausgehenden Spruch separat auf - sortiert nach den einzelnen Verfahren. So können wir auch später noch genau nachvollziehen, was alles kommuniziert wurde."
Ausgefüllte Arbeitstage an Bord
Ist das Übermitteln von Nachrichten via Flaggen oder Lichtmorsen noch zeitgemäß? Darauf antwortet Kruse mit einem: "Aber natürlich!", und weiter, "wenn einmal die Geräte ausfallen sollten, sind die Einheiten auf die optische Kommunikation angewiesen, um weiterhin im Verband agieren zu können. Oft geht es auch schneller in Manövern, wie zum Beispiel während einer Versorgung in See. Müssten wir dann die ganze Zeit immer wieder in die Brücke rennen, um ans Sprechfunkgerät zu gelangen, würde dies im Ernstfall viel zu lange dauern." An Bord hat die junge Frau auch noch ein wichtiges Nebenamt angenommen. Sie wurde von ihren Kameraden zur Vertrauensperson gewählt. Das ist ein Zeichen für Anerkennung ihrer Person. Außerdem ist sie Überstundenbearbeiterin und ist für die Wäschelast auf der "Berlin" verantwortlich. Da vergeht die Zeit auf See schnell. Doch auch in den Häfen gibt es für die Signälerin eine Menge zu tun. "Dort sind wir für die ordnungsgemäße Beflaggung des Schiffs zuständig und auch für die richtige Beleuchtung." An besonderen Festtagen wird der große Flaggenkasten komplett geplündert. "In einer genau festgelegten Reihenfolge werden die Flaggen von vorn nach achtern aufgespannt, dass nichts reißt und alles gut aussieht. Diese Arbeit kann durchaus zu einem echten Kraftakt werden", sagt die zierliche Frau.
Bei wichtigen Ereignissen ist Familie da
Ihre Familie ist stolz auf den Beruf Kruses. Besonders ihre Schwester Sandra unterstützt die Marinesoldatin mit Anteilnahme zu wichtigen Ereignissen, wie zum Beispiel der Vereidigung. "Sie studiert in Schwerin. Deshalb freue ich mich immer riesig, wenn sie mal wieder zum Auslaufen des Schiffs kommt, um zu winken. Ich bin mal gespannt, wer bei der Rückkehr am Einlauftag an der Pier in Wilhelmshaven stehen wird."
Autor: Alexander Gatzsche, Presse- und Informationszentrum Marine Fotos: Alexander Gatzsche, Presse- und Informationszentrum Marine
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