NATURSTROM AG fordert Umstellung der Windenergie-Förderung
Düsseldorf (ots)
Die Bundesnetzagentur hat heute die Ergebnisse der dritten Ausschreibungsrunde für Windenergie an Land bekanntgegeben. Der weit überwiegende Teil der Zuschläge ging wie schon bei den beiden ersten Runden 2017 an Bürgerenergie-Projekte - wobei längst klar ist, dass die Ausnahmen für Bürgerenergie und deren Definition die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers drastisch verfehlen. Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG, sieht erhebliche Verwerfungen auf den Markt zukommen. Er fordert daher, Bürgerenergie künftig anders zu definieren und von den Ausschreibungen auszunehmen.
"Der aktuelle Weg, um echte Bürgerenergie im Rahmen der Ausschreibungen zu ermöglichen, ist gescheitert", so Thomas Banning. "Die bestehenden Ausnahmen für Bürgerenergie verfehlen ihr Ziel, die Beteiligung engagierter Bürger am Windenergie-Ausbau zu sichern, und unterminieren zugleich die Ausbauziele der Bundesregierung. Der Windenergie-Ausbau steht ab 2019 auf tönernen Füßen", warnt der NATURSTROM-Chef. "Daher ist kurzfristig eine zusätzliche Ausschreibungsrunde notwendig, um wieder Planbarkeit herzustellen. Genehmigte Projekte, die baureif in der Schublade liegen, gibt es zuhauf." Damit diese auch Chancen auf einen Zuschlag zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen hätten, müsse zudem bei den kommenden Ausschreibungsrunden vorübergehend die Höchstgrenze für Gebote ausgesetzt oder zumindest gelockert werden. Diese Höchstgrenze orientiert sich an den bezuschlagten Geboten der drei vorangegangenen Ausschreibungen - und liegt aufgrund der massiven Verzerrungen bei den 2017er-Ausschreibungen so niedrig, dass Projekte mit Genehmigung auch 2018 kaum Chancen haben dürften.
Über diese kurzfristig notwenige Maßnahme hinaus hält Banning weitreichende Änderungen für zwingend: "Die weitere Beteiligung der Bürgerenergie-Bewegung muss auf anderem Wege als bisher ermöglicht werden. Ein einfach zu handhabendes Differenzierungskriterium ist die Projektgröße, denn kleinere Projekte im regionalen Zusammenhang sind für große Player uninteressant. Vorhaben mit einer Leistung von weniger als 10 MW von Gesellschaften, an denen mehrheitlich Bürger beteiligt sind, dürfen nicht den Ausschreibungen unterworfen werden- egal, ob es sich um Windenergie- oder Solarprojekte handelt", so der Vorschlag des NATURSTROM-Vorstandschefs. Eine solche sogenannte De-minimis-Regelung wird von der EU-Kommission ausdrücklich gebilligt, wie Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits Anfang 2016 klarstellte. In Frankreich wird eine solche Regelung derzeit eingeführt.
"Die Vergütung könnte dem Ergebnis der jeweils letzten Ausschreibungsrunde zuzüglich eines minimalen Aufschlags aufgrund der geringen Projektgröße entsprechen", so Banning weiter. "Somit würde die Vergütung von Bürgerenergie-Projekten weiterhin im Markt bestimmt und wäre nicht vom Gesetzgeber vorgegeben. Die Akteursvielfalt wäre gesichert, die Ausschreibungen könnten ohne Ausnahmeregelungen durchgeführt werden und wären somit für Politik und Branche im Ergebnis planbarer."
Hintergrund: Bei den drei Ausschreibungsrunden 2017 war - anfangs unterwartet - der weit überwiegende Teil der Zuschläge auf Bürgerenergie-Projekte entfallen. In der aktuellen Runde gingen 98 Prozent der Zuschläge an Bürgerenergie-Projekte, der Gebotswert der bezuschlagten Gebote betrug nach Angaben der Bundesnetzagentur im Mittel 3,4 ct/kWh und lag somit nochmals niedriger als bei der vorherigen Ausschreibungsrunde. Mindestens bei den beiden ersten Ausschreibungsrunden handelte es sich bei den allermeisten Bürgerenergie-Projekten allerdings nicht um Vorhaben etablierter lokaler Initiativen, sondern um reguläre Projekte professioneller Entwickler. Diese haben ihre Projekte kurzfristig in Bürgerenergie-Projekte umgestaltet, indem sie mit Landeigentümern und Mitarbeitern eigene Gesellschaften gründeten, welche die gesetzliche Definition von Bürgerenergie erfüllen. Somit kommen sie in den Genuss von Ausnahmeregelungen. Die wichtigste: Bürgerenergie-Gesellschaften können sich ohne Baugenehmigung an den Ausschreibungen beteiligen und haben deutlich mehr Zeit für die Realisierung ihrer Projekte, bevor eine Strafzahlung fällig wird.
Für den weiteren Ausbau der Windenergie droht somit ab 2019 ein Fadenriss, denn ob und wann die aktuell bezuschlagten Projekte realisiert werden, steht in den Sternen. Die Anfang des Jahres noch gut gefüllten Auftragsbücher der Windindustrie werden schon jetzt dünner. Die ersten Hersteller haben bereits Kündigungen eingeleitet.
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