Haufe aktuell: Zu den neuen Kindergeld-Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
Freiburg (ots)
Das Bundesverfassungsgericht hat mit der am 13.5.2005 bekannt gegebenen Entscheidung (2BvR 167/02) mit den Neuvorgaben zur Ermittlung der eigenen Einkünfte von volljährigen Kindergeldberechtigten in Schul- oder Berufsausbildung für viele Eltern/Elternteile die Möglichkeit für Kindergeldzahlungen wieder eröffnet. Die Haufe Mediengruppe weist aus diesem aktuellen Anlass darauf hin, dass man möglicherweise rückwirkend, auf jeden Fall ab sofort, die Frage des Kindergeldanspruchs prüfen sollte. Denn vom erzielten Jahres-Bruttoverdienst der volljährigen Kinder kann man nicht nur die Werbungskosten (Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 920 Euro oder höhere, nachgewiesene Werbungskosten) zur Berechnung der Einkommensgrenze in Abzug bringen, sondern auch die tatsächlich gezahlten eigenen Sozialversicherungsbeiträge. Was in der Konsequenz bedeuten kann, dass z. B. für die Jahre 2004/2005, bei einer bestehenden grundsätzlichen Einkommensgrenze von 7.680 Euro, sich das Kinder-Einkommen durchaus bis auf 10.000 Euro (brutto) belaufen kann.
Welcher Handlungsbedarf ?
- Prüfen sollte man für die Vorjahre bis einschließlich 2001, ob man ggf. mit einem jetzt gestellten Neuantrag und Unterschreitung der Einkommensgrenzen noch nachträglich an einen Kindergeldanspruch herankommt.
- Aktuell berechnen sollte man für das Jahr 2005, ob sich entsprechend der Verdienstsituation beim Nachwuchs ein Neuantrag lohnt, mit Hinweis auf die veränderten, höheren steuerunschädlichen Einkommensgrenzen.
- Bei laufenden Rechtsbehelfen, sei es Einspruch, Klage wegen der Rückforderung/der Ablehnung von Kindergeld für die Vorjahre, sollte die Familienkasse/das Finanzamt auf die erhöhten Einkommensgrenzen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen werden.
- Besteht ein Ausbildungsverhältnis im öffentlichen Dienst, z. B. Beamtenanwärter, Beamte auf Widerruf u.Ä., sollte auch wiederum sowohl rückwirkend als auch für das laufende Kalenderjahr geprüft werden, ob der Nachwuchs bei Abzug der Werbungskosten, bei Abzug eigener Aufwendungen für die soziale Absicherung, insbesondere die gezahlten eigenen Krankenversicherungsbeiträge, die Einkommensgrenzen noch einhalten kann. Es ist davon auszugehen, dass in analoger Anwendung der Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge bei Arbeitnehmerverhältnissen dies auch für Beamtenverhältnisse entsprechend gilt.
Das Bundesamt für Finanzen hat in einer ersten Stellungnahme vom 19.5.2005 mitgeteilt, dass die Entscheidung auf jeden Fall für alle offenen Kindergeld-Fälle zur Anwendung kommt.
Die Haufe Mediengruppe teilt hierzu mit, dass aus vielen Anfragen aus dem Kreis der Abonnenten erkennbar ist, dass zahlreiche Rückforderungs- oder Ablehnungsbescheide aus den Vorjahren allerdings bereits bestandskräftig sind.
Tipp hierzu: Unabhängig von dem bestandskräftigen Jahr, sollte auf jeden Fall für Zeiträume davor oder danach die Frage der Kindergeldberechtigung von betroffenen Bürgern nochmals konkret geprüft werden.
Wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraftsfälle vertritt der Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Gerhard Geckle, Freiburg, die Auffassung, dass das Bundesfinanzministerium gefordert ist, zumindest mit einer Billigkeitsregelung betroffenen Bürgern zu helfen. Rechtsanwalt Geckle: "Das immerhin über sechs Jahre dauernde Verfahren war sämtlichen Behörden und beteiligten Ministerien bekannt. Es erfolgte sogar eine Anhörung der Regierungen, bis hin zu den Fachministerien durch das Bundesverfassungsgericht. Man kann nicht den Bürger dafür bestrafen, dass Bescheide oder Verfahren nicht offen gehalten wurden, meist wegen Unkenntnis dieses wichtigen Musterverfahrens. Hinzu kommt, dass gerade jetzt eigentlich derjenige profitieren kann, der in den Vorjahren kein Kindergeld wegen nach seiner Ansicht zu hoher Einkunftsgrenzen beantragt hat und jetzt bei einem Neuantrag, im Unterschied zu einem bereits rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens, durch die neue Rechtsprechung finanzielle Vorteile hat. Ich habe bereits Frau Staatssekretärin Dr. Hendricks beim Bundesfinanzministerium angeschrieben, mit der Aufforderung, zumindest im Billigkeitswege dieses Bestandskraft-Problem schnell zu lösen. Denn nicht jeder Bürger wusste hierüber Bescheid, hatte auch nicht unbedingt die entsprechenden finanziellen Mittel, um letztendlich sogar im Klagewege seine Rechte zu wahren. Zudem ergingen auf jeden Fall sogar noch bis Ende Mai nach wie vor Ablehnungsbescheide, zurückgewiesene Einspruchsentscheidungen, ohne jegliche Berücksichtigung dieser veränderten Rechtsgrundlage".
Die Haufe Mediengruppe weist in diesem Zusammenhang auch noch ergänzend darauf hin, dass unabhängig von den Einkommensgrenzen während des Wehr- oder Zivildienstes ein Anspruch nicht besteht, sich aber der Kindergeldanspruch über das 27. Lebensjahr als Altersgrenze durch den abgeleisteten Wehr- oder Zivildienst verlängern kann.
Weitere Informationen zu den neuen Kindergeldvorgaben bei: Haufe Mediengruppe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Hindenburgstraße 64, 79102 Freiburg Tel.: 0761-3683-940 oder -464; Fax: -900 E-Mail: mailto:pressestelle@haufe.de RA Gerhard Geckle E-Mail: mailto:gerhard.geckle@haufe.de
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