Machen Kriege nationalistisch? Studie von Politologen der Uni Osnabrück in renommiertem Journal erschienen
Können Kriege Nationalismus fördern? In der aktuellen Ausgabe (Band 118) des renommiertesten Journals für Politikwissenschaft, der American Political Science Review, untersucht Prof. Alexander De Juan von der Universität Osnabrück diese Frage gemeinsam mit Kollegen von den Universitäten Oxford, Princeton, Oslo und Bergen. Die Studie beschäftigt sich mit dem Aufstieg der NSDAP und zeigt unter anderem, dass Landkreise mit einer hohen Belastung durch Kriegstote im Ersten Weltkrieg stärker für extreme nationalistische Parteien stimmten.
007/2024 29.1.2024
Machen Kriege nationalistisch?
Studie von Politologen der Uni Osnabrück in renommiertem Journal erschienen
Können Kriege Nationalismus fördern? In der aktuellen Ausgabe (Band 118) des renommiertesten Journals für Politikwissenschaft, der American Political Science Review, untersucht Prof. Alexander De Juan von der Universität Osnabrück diese Frage gemeinsam mit Kollegen von den Universitäten Oxford, Princeton, Oslo und Bergen. Die Studie beschäftigt sich mit dem Aufstieg der NSDAP und zeigt unter anderem, dass Landkreise mit einer hohen Belastung durch Kriegstote im Ersten Weltkrieg stärker für extreme nationalistische Parteien stimmten.
Um Kriegsverluste auf lokaler Ebene zu messen, haben Alexander De Juan, Felix Haaß, Carlo Koos, Sascha Riaz und Thomas Tichelbaecker digitalisierte Daten aller 7,5 Millionen deutschen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg verwundet wurden oder starben, analysiert. Sie kombinieren diese Daten auf der Landkreisebene mit Informationen über die Stimmenanteile der beiden wichtigsten rechtsnationalen Parteien in der Weimarer Republik, der NSDAP und der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).
Die Studie zeigt, dass während der gesamten Zwischenkriegszeit die Wahlunterstützung für rechtsnationale Parteien, einschließlich der NSDAP, in Landkreisen mit überdurchschnittlich hohen Opferzahlen um ca. 2,5 Prozentpunkte höher lag als in anderen Landkreisen.
Um den zugrundeliegenden Mechanismen dieses Befunds auf die Spur zu kommen, untersuchen die Wissenschaftler die individuellen Mitgliedschaften in nationalistischen Organisationen wie der NSDAP und Hitlerjugend, politische Einstellungen, die in Briefen von NSDAP-Mitgliedern zum Ausdruck kommen, und den moderierenden Effekt von Kriegsdenkmälern. De Juan: „Die Ergebnisse stimmen mit unserer These überein, dass die Konfrontation mit den menschlichen Kosten des Ersten Weltkriegs die nationalistischen Präferenzen von Zivilisten – und nicht von Veteranen – erhöht hat. Wir finden auch Belege dafür, dass die Auswirkungen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs durch Prozesse des lokalisierten kollektiven Gedenkens verstärkt wurden.“
Insgesamt liefern die Ergebnisse drei wichtige Befunde. Erstens ergänzen sie die Forschung zu den Ursachen des Aufstiegs der NSDAP und belegen auf der Mikroebene, wie Kriege sich auf die Unterstützung von nationalistischen Parteien auswirken. Zweitens erweitern sie frühere Untersuchungen zu den landesweiten Auswirkungen des Ersten Weltkriegs im Hinblick auf die Rolle der geografischen Verteilung der Kriegstoten – die NSDAP konnte vor allem dort Nutzen aus dem Krieg ziehen, wo die lokale Bevölkerung besonders große Verluste zu verzeichnen hatte. Drittens leistet die Studie einen Beitrag zur Forschung über die Auswirkungen von Krieg auf politisches Verhalten. „Wir zeigen, dass die Nähe zu Opfern im Kontext internationaler Kriege langfristige Auswirkungen auf politische Einstellungen haben kann, die über die Bewertung laufender Kriege und amtierender Regime hinausgehen, so De Juan. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie Kriege Spiralen aus nationalistischen politischen Programmen und zwischenstaatlicher Gewalt befördern können“.
Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. Alexander De Juan, Universität Osnabrück
Institut für Sozialwissenschaften
E-Mail: alexander.dejuan@uos.de
Dr. Oliver Schmidt, Universität Osnabrück Stabsstelle Kommunikation und Marketing Neuer Graben / Schloss, 49076 Osnabrück Tele.: +49 541 969 4516 E-Mail: oliver.schmidt@uni-osnabrueck.de
Weiteres Material zum Download Dokument: 007_PM_DeJuan_Pub_We~AP_Januar_2024.docx