Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu den Studentenstreiks
Köln (ots)
Lehrpläne entrümpeln
NORBERT WALLET, Berlin,zu den Studentenprotesten
Angesichts der Zustände an vielen Hochschulen ist man geneigt, den Studierenden per se Recht zu geben. Das aber wäre voreilig. Sie bringen ein ganzes Bündel an Forderungen vor, von denen manche richtig, andere absurd sind. Nicht wenige verlangen den ganzen "Bologna-Prozess" rückgängig zu machen, ohne zu merken, dass dies gegen ihre ureigenen Interessen gerichtet wäre.
"Bologna" steht für den international abgestimmten Umbau der akademischen Ausbildung. Kern sind (kürzere) Bachelor- und (längere) Master-Studiengänge. Angestrebt werden international vergleichbare Abschlüsse, was mehr Mobilität in Europa und damit bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt bedeuten soll. Der Bachelor soll zudem einen schnelleren ersten Abschluss ermöglichen, was wiederum den Anreiz zum Studium erhöhen und einen schnelleren Einstieg ins Berufsleben ermöglichen soll. Das ist alles keine Kleinigkeit, denn die deutschen Studenten erreichen im europäischen Vergleich spät den Arbeitsmarkt. Diesen europäischen Bildungsaufbruch zu torpedieren wäre dumm.<$7> Dass schneller, zielgenauer und vergleichbarer studiert wird, ist im Gegenteil eine große Errungenschaft.<$0> Jedenfalls dann, wenn er richtig umgesetzt wird.
Da aber haben die Protestierenden nämlich Recht: Die Art, wie deutsche Unis die Großreform umsetzten, war teilweise an Gedankenlosigkeit einer akademischen Einrichtung unwürdig. Wenn an manchen Universitäten der Stoff eines vierjährigen Magister-Studiums einfach in das Korsett eines dreijährigen Bachelor-Abschlusses gezwängt wird - dann ist das Resultat klar: Dauerstress, eine Stakkato an Prüfungen und ein Lernen, das keinen Raum für Kreativität lässt. Nur ist das nicht die Schuld der Reformer, sondern dickfelliger Hochschulverwaltungen, die sich nicht vorstellen können, dass Lehrpläne regelmäßig entrümpelt gehören.
Mag sein, dass derweil immerhin das Problem erkannt ist. Wenn die Studenten da noch mehr Druck machen, kann das nicht schaden. Eine kurzfristige Bafög-Erhöhung jedenfalls, wie sie Ministerpräsident Schavan nun zur Beruhigung der Studenten vorschlägt, löst das Problem nicht.
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