Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu CDU/Merkel
Köln (ots)
KOMMENTAR
Viel Durcheinander
NORBERT WALLET, Berlin,zur Kritik an Merkel
In der CDU häufen sich die Klagen. Im Mittelpunkt steht Angela Merkel - als Kanzlerin, als Parteichefin. So gibt es die gemeinsam vorgetragene Kritik von vier Landespolitikern. Sie ist laut, doch gefahrlos, weil sie zwar ein Grundbefinden in der Partei widerspiegelt, aber nur von Hinterbänklern geäußert wird.
In der Sache geht einiges durcheinander: Der präsidiale Regierungsstil Merkels bringe ihr persönlich hohe Sympathiewerte, der Union aber kein Profil. Richtig. Die Union habe im Wahlkampf "schlichtweg Glück gehabt". Falsch. Grundfalsch sogar. Merkels Wahlkampf, inhaltliche Festlegungen zu vermeiden, war zwar schwer erträglich. Er war aber gleichzeitig eine mutige und durchschlagende Strategie, um dem Gegner jede Möglichkeit zur Mobilisierung zu nehmen.
Aber das Bedauern über mangelndes Profil der Partei trifft einen Kern. Gerade weil die Merkel-Partei nun auch noch das Vakuum füllen will, das eine schwindsüchtige SPD lässt, droht ihr eine profilgefährdende Überdehnung. Heute schon deckt die Union etwa in der Sozialpolitik eine größere Spannweite an Meinungen ab als die Konkurrenz. Tatsächlich ist langfristig auch ihr Charakter als Volkspartei gefährdet: Weil die Bindewirkung in ihren Milieus - Kirche, ländlicher Raum - ebenfalls abnimmt. Und weil in einer sich schnell wandelnden Welt nicht mehr so scharf und klar formulierbar ist, was heute ein konservativer, werthaltiger Politikansatz sein soll. Da hilft keine Faust auf dem Tisch, kein Basta, kein Machtwort. Das ist zu ertragen.
Die Debatte um Merkels Führungsstil in der Koalition hingegen ist eine andere Sache. Natürlich muss die Kanzlerin klar machen, was sie tagespolitisch will, weil sich die Koalition sonst in kleinlichen Dauerstreitereien verliert. Aber das löst die langfristigen Probleme nicht. Parteivize Schavan hat die CDU zu Recht zu stetiger Weiterentwicklung aufgefordert. Wer nur markige, aber überholte Parolen hochhält, beschleunigt den Verlust des Charakters der Volkspartei. Für Traditionalisten ist das nicht leicht zu akzeptieren.
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