IKK e.V. kritisiert unzureichende Erhöhung des Bundeszuschusses im Rahmen der Haushaltsplanung des Bundes sowie Art und Weise des Vermögensabbaus im GPVG
Berlin (ots)
Die Innungskrankenkassen kritisieren die Pläne der Bundesregierung, die pandemiebedingten Mehrkosten primär aus den Rücklagen und aus Beitragserhöhungen der gesetzlichen Krankenkassen zu finanzieren. Sie fordern die Politik auf, im Rahmen der Haushaltsberatungen einen angemessenen Betrag für die Gegenfinanzierung der zwischen der GKV und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) abgestimmten Mehrbelastungen für die GKV in diesem und im nächsten Jahr vorzusehen und die Vorgaben zum Vermögensabbau im Kabinettsentwurfes des Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) zu überarbeiten.
Der zwischen der GKV und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) konsentierte Fehlbetrag insbesondere durch einnahmen- und ausgabenseitige Auswirkungen der Corona-Krise im Gesundheitswesen bis Ende 2021 beträgt 16,6 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss soll nach den derzeitigen Haushaltsplanungen aber nur einmalig um fünf Milliarden Euro aufgestockt werden. Das darüber hinaus bestehende Defizit soll nun über einen Rückgriff auf die Reserven der gesetzlichen Krankenkassen zusammen mit einer Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags gestopft werden. Dabei geht das BMG in seinem Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Zusatzbeiträge von Rücklagen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Höhe von über 20 Milliarden Euro aus, weil für die Berechnung der Vermögensabschmelzung die vorläufigen Finanzergebnisse zum Stand 30. Juni 2020 herangezogen wird.
Dadurch bleibt jedoch das zwischen BMG und GKV abgestimmte Defizit des zweiten Halbjahres in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro außen vor. Realistisch betrachtet werden bei den Krankenkassen Ende des Jahres noch rund 16 Milliarden Euro an Rücklagen vorhanden sein. Werden dennoch zur Finanzierung des in 2021 zu erwartenden Defizits acht Milliarden Euro aus den Rücklagen eingerechnet, wird es dazu kommen, dass das Vermögen einzelner Krankenkassen zum Ende des Jahres unter die Mindestrücklage fällt.
"Die Selbstverwaltung in der GKV hat in der heißen Phase der Corona-Pandemie alles für die Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Versorgung getan", betont Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V. "Dabei wurden durch den Rückgriff auf den Gesundheitsfonds auch gesamtgesellschaftliche Aufgaben vorfinanziert. Durch die jetzt beschlossenen Maßnahmen werden diese Mehraufwendungen auf die Versicherten und Arbeitgeber übertragen, das ist nicht hinnehmbar", kritisiert Müller. "Die Entscheidungen sind einmal mehr ein Eingriff in die Finanzautonomie der Kassen!"
Hans Peter Wollseifer, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V., mahnt darüber hinaus die Sozialgarantie an, die jüngst noch einmal von der Politik bestätigt wurde. "Die fehlenden acht Milliarden Euro aus den Kassenrücklagen zu entnehmen und den Zusatzbeitrag um 0,2 Prozentpunkte anzuheben, wird sich auf die Lohnkosten niederschlagen, das ist inakzeptabel." Damit könne die 40 Prozent-Deckelung der Sozialabgaben nicht gehalten werden, so Wollseifer.
Wenngleich der Rückgriff auf die Kassenvermögen im Grundsatz nachvollziehbar erscheinen möge, sei es die Höhe von acht Milliarden Euro aber nicht. Die unterschiedliche Verteilung von Vermögen und Ausgabenrisiken auf Einzelkassenebene führe dann dazu, erklären die Vorstände, dass durch gesetzlichen Rückgriff auf die Reserven einzelne Krankenkassen trotz nachhaltiger und vorausschauender Finanzplanung über Gebühr strapaziert werden könnten.
Die Innungskrankenkassen fordern deshalb eine Erhöhung des Steuerzuschusses. "Die pandemiebedingten Mehrausgaben sind klar gesamtgesellschaftliche Aufgaben", erklären die Vorstandsvorsitzenden. Ersatzweise könne die finanzielle Situation der GKV aber auch verbessert werden, indem das im Koalitionsvertrag gemachte Versprechen einer Erhöhung der Pauschalen für ALG-II-Beziehende endlich umgesetzt werde, so Müller und Wollseifer. Außerdem solle der Bereinigungszeitraum der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung im Zuge des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) um ein Jahr verlängert werden. In beiden Punkten kann von einem Entlastungsvolumen von jeweils rund zwei Milliarden Euro ausgegangen werden.
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