Sperrig aber wunderbar: St. Kilian zu Würzburg
Domgeschichten
Würzburg
Ein Film von Lorenz Knauer,
am Mittwoch, 14. Dezember
2005, 19.30 Uhr,
in der Reihe Stationen im Bayerischen Fernsehen.
München (ots)
St. Kilian zu Würzburg ist vielleicht die sperrigste aller Kathedralen in Bayern, jedenfalls ist sie mit ihren 105 Metern Länge die viertgrößte romanische Kirche Deutschlands. Bis heute ist vor allem ihr Innenraum deutlich von den Zerstörungen des Bombenangriffs vom 16. März 1945 gezeichnet. Es dauerte mehr als 20 Jahre, bis das Gebäude aus dem 11. und 12. Jahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg wieder hergestellt war so lange wie bei keinem anderen deutschen Dom.
Weil während dieser vielen Jahre immer wieder die für Restaurierungen Verantwortlichen wechselten, änderte sich bei jedem Wechsel auch der Geschmack. Das führte letztendlich zu einem wilden Mix aus wieder hergestellten Stilelementen der Romanik, Gotik, Renaissance und des Barock sowie hinzugefügter Elemente aus dem Expressionismus und der Moderne der 60er bis 80er Jahre. Stilistisch kann man St. Kilian durchaus als Durcheinander bezeichnen, an dem sich bis heute die Geister scheiden: Manche finden den Würzburger Dom trotz aller Bauwunden und -sünden wunderbar, andere schlichtweg scheußlich.
Diese Spannung zwischen den Spitzen der beiden mächtigen Türme und den versteckten Winkeln eines uralten, geheimen Tunnels abseits der Krypta nutzt Filmemacher Lorenz Knauer auf positive Weise: Seine Domgeschichten kreisen vor allem im ersten Drittel um die dramatischen Ereignisse, die zum heutigen Erscheinungsbild von St. Kilian geführt haben. Die Geschichten lässt Knauer jene Menschen erzählen, die die Veränderungen miterlebt und verfolgt haben, manche seit über siebzig Jahren.
So begegnen die Fernsehzuschauer einem Mann, der als Bub Ministrant im Kiliansdom war, der die Vernichtung der Stadt in der Krypta durchlitten hat und davon berichtet, als wären die schrecklichen Ereignisse erst gestern passiert. Illustriert werden die Erinnerungen von den packenden Bildern des Würzburger Malers Wolfgang Lenz, des wohl bedeutendsten Vertreters des Phantastischen Realismus in Deutschland. Er erzählt seine Domgeschichten mit Pinsel und Farbe
Dazu zeigt der Film eine Reihe von Besonderheiten, zum Beispiel: das neu gebaute Museum am Dom, in dem nach einem durchaus umstrittenen Konzept die Moderne in provokantem Gegensatz zu alter Sakralkunst ausgestellt wird; den ebenfalls relativ neuen Besucherdienst, der seine Mitarbeiter mit den Methoden des modernen Management-Trainings schult; eine Mitarbeiterin der ersten Stunde, die die Zuschauer an ihren Lieblingsplatz im Dom führt; die Moonlight-Mass, einen unkonventionellen Gottesdienst mit Jazz-Improvisationen, der jeden Sonntagabend in einem der schönsten Nebenräume von St. Kilian stattfindet und eine treue und stetig wachsende Gemeinde vorwiegend jüngerer Besucher anzieht.
Parallel zu diesen Geschichten, die um das Herz des Doms kreisen, begleitet der Film die Vorbereitungen und den Aufbau des Kiliani- Volksfests, das seit beinahe 1000 Jahren zu Ehren des Namenspatrons der Kathedrale gefeiert wird. Die Festbesucher selbst erzählen ihre Version der grausamen Geschichte, die einst zum Tod des irischen Missionars in Würzburg geführt hat. Den Höhepunkt bildet die Prozession, angeführt von Bischof Friedhelm Hofmann. Dabei wird ein Schrein aus Bergkristall mit den Schädeln von St. Kilian und seinen beiden Mit-Märtyrern in den Dom getragen und für eine Woche vor dem Altar zur Verehrung ausgestellt.
Der Film ist eine spannende, aber zugleich mit leichter Hand skizzierte Annäherung an den Dom, bei der man entdeckt, dass es St. Kilian trotz all seiner Wunden geschafft hat, sich seinen Platz im Herzen der Würzburger zu erobern und zu bewahren.
Musikalisch erklingt Außergewöhnliches: zum einen Improvisationen des Würzburger Saxophonisten Hubert Winter, die eigens für diesen Film entstanden sind, und zum anderen die witzigen wie originellen Kompositionen des weltberühmten italienischen Klarinettisten Gabriele Mirabassi und seiner Begleiter auf Tuba und Akkordeon.
Bei den Domgeschichten Würzburg handelt es sich um den 7. Film der Reihe, die im Herbst 2004 sehr erfolgreich gestartet ist und in der Reihe Stationen im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Das ungewöhnliche Porträt über St. Kilian drehte im Sommer 2005 der vielfach preisgekrönte Autor und Regisseur Lorenz Knauer, der für die Reihe Domgeschichten bereits die Münchner Frauenkirche porträtierte. Für die stimmungsvolle Kamera ist der in diesem Jahr mit dem Deutschen Kamerapreis ausgezeichnete Christoph Castor verantwortlich.
Aus der Stabliste: Buch und Regie: Lorenz Knauer Kamera: Christoph Castor Schnitt Birgit Thieme Ton: Mike Haberl, Marc Steinel Musik: Hubert Winter, Gabriele Mirabassi Redaktion: Andrea Kammhuber
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