Eltern klagen an: Salafisten reißen Jugendliche aus Familien
Menschenrechtsverein "peri" betreut seit 2008 mehr als 50 Familien
"Report Mainz", heute, 4. Juli 2011, 21.45 Uhr im Ersten
Mainz (ots)
Elterninitiativen und Menschenrechtsorganisationen beklagen den zunehmenden Einfluss von radikalen islamistischen Predigern, so genannten Salafisten, auf Jugendliche und deren Familien. Serap Cileli, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und Vorsitzende von "peri - Verein für Menschenrechte und Integration", sagte dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz", zunehmend seien auch deutsche Familien betroffen, deren Kinder zum Islam konvertierten: "Wir haben seit 2008 mehr als 50 Familien betreut und betreuen auch immer noch etliche Familien." Jugendliche würden durch Vorträge in Internet und in Moscheen radikalisiert. Cileli weiter: "Es geht sogar so weit, dass die Töchter dann ihre Mutter oder Schwester als 'deutsche Schlampe' beschimpfen, weil sie sich westlich kleiden und nicht zum Islam konvertieren."
In "Report Mainz" erzählen Eltern erstmals vor der Kamera, wie ihre Kinder in die salafistische Szene abgerutscht sind. Eine Mutter aus Süddeutschland, deren Tochter in einer Moschee in Pforzheim konvertierte und seit einigen Wochen mit einem Vorstandsmitglied der salafistischen Moscheegemeinde islamisch verheiratet ist, berichtet: "Sie hatte ganz fest ihren Standpunkt, das war dann plötzlich nochmal wie eine Wand. Sie war wirklich gar nicht mehr zu erreichen." Die Mutter macht der Moscheegemeinde, der "Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime" in Pforzheim, schwere Vorwürfe, denn diese habe über ihren Kopf hinweg einen Mann für ihre Tochter ausgesucht: "Ich dachte, wir sind da als Eltern gar nichts mehr wert. Wir haben unsere Tochter verloren durch die Salafisten." Auf Nachfrage von "Report Mainz" stritt ein Wortführer des Vereins ab, dass Jugendliche aus Familien herausgerissen würden. Wörtlich sagte er: "Das kenn ich nicht."
In Berlin betreut die "Eltern- und Betroffeneninitiative Berlin-Brandenburg e.V." (EBI) seit mehr als einem Jahr Eltern, deren Kinder sich Salafisten angeschlossen haben. Eine Mutter berichtet in "Report Mainz" von der schnellen Radikalisierung in einer Berliner Moschee: "Im November 2008 saß diese junge Frau noch auf meinem Schoß und hat mit mir gekuschelt und im Februar 2009 war sie ein anderer Mensch, ein total anderer Mensch." Sie und andere Eltern fordern eine zentrale Anlaufstelle, an die sich Betroffene wenden können.
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