Debatte um Energieberatung: SPD wirft Bundesumweltminister Täuschung der Öffentlichkeit vor "Report Mainz", heute, 23. Oktober 2012, 21.45 Uhr im Ersten
Mainz (ots)
Durchschnittliche Spareffekte nach Beratung weit unter 30 Prozent
In der Debatte um steigende Strompreise und kostenlose Energieberatungen hat der Energieexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) "Täuschung der Öffentlichkeit" vorgeworfen. Hintergrund sind mehrfache Äußerungen von Altmaier, in privaten Haushalten könnten 30 Prozent des Stromverbrauchs eingespart werden - auch mit "kleinen Maßnahmen". Kelber sagte dazu gegenüber dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz": "30 Prozent Stromeinsparung sind nicht mit einfachen Maßnahmen, mit Verhaltensänderung zu erreichen. Dies gilt nur bei Investitionen in energieeffizientere Geräte, dann sind vielleicht 10, 15 oder 20 Prozent möglich." Von der Bundesregierung fordert er dafür finanzielle Hilfen für einkommensschwache Haushalte.
Altmaier hatte auch in seinem im August vorgestellten 10-Punkte-Programm geschrieben, dass in privaten Haushalten "nach zurückhaltenden Schätzungen" mehr als 30 Prozent Strom eingespart werden könnten. Nach Recherchen von "Report Mainz" kommen Experten und einschlägige Studien jedoch zu dem Ergebnis, dass dies nicht ohne Weiteres machbar ist. Marlene Potthoff, Leiterin des "Cariteam-Energiesparservice" in Frankfurt/M., einer Initiative der Caritas, die seit sieben Jahren kostenlose Beratung für einkommensschwache Haushalte anbietet, sagte im Interview mit "Report Mainz": "30 Prozent wären vermessen. Dann müssten doch größere Maßnahmen ergriffen werden. Zum Beispiel einen Kühlschrank austauschen, wenn er älter ist als 10 Jahre." Eine Evaluation des vom Bundesumweltministerium geförderten Projekts "Stromspar-Check", bei dem bisher 80.000 einkommensschwache Haushalte kostenlos beraten wurden, kommt auf der Basis von Stichproben auf eine durchschnittliche Ersparnis von rund 14 bis 15 Prozent. Nach dieser Analyse des Forschungszentrums für Umweltpolitik an der FU Berlin, die "Report Mainz" exklusiv vorliegt, machen Soforthilfen, also kostenlose Steckerleisten und Energiesparlampen, rund 12 Prozent der Ersparnis aus. Durch Verhaltensänderungen wurden durchschnittlich jedoch nur weitere zwei Prozent erzielt. "Investive Maßnahmen" brachten insgesamt im Schnitt nur ein Prozent, offenbar weil sich viele Haushalte trotz entsprechender Empfehlungen keine neuen Geräte, wie etwa energieeffiziente Kühlschränke leisten können.
Auf Anfrage von "Report Mainz" ließ das Bundesumweltministerium offen, wie 30 Prozent Stromersparnis durch einfache Maßnahmen erzielt werden könnten. Der Austausch veralteter Kühlgeräte könne zu zusätzlichen Einsparungen führen. Das Projekt "Stromspar-Check" solle deutlich ausgeweitet und um eine Förderung von Kühlgeräten ergänzt werden. Wie diese genau aussehen soll, sei derzeit Gegenstand interner Beratungen.
Weitere Informationen finden Sie unter www.swr.de/report. Zitate gegen Quellenangabe frei. Fragen bitte an "Report Mainz", Tel.: 06131/929-33351.
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