Heiner Geißler: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen"
Erstes ausführliches Interview über Beziehung zu Helmut Kohl
30.3., 23.30 Uhr, Das Erste: "Der Kanzler und der Rebell"
Mainz (ots)
Heiner Geißler will sich nicht mit Helmut Kohl aussöhnen. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen, was den Helmut Kohl betrifft. Und deswegen mache ich auch keinen Schritt und gar nichts", so Geißler gegenüber dem Südwestrundfunk. Erstmals äußerte er sich in einem Interview ausführlich über seine Beziehung zum früheren Bundeskanzler Helmut Kohl. Als CDU-Generalsekretär hatte er mit Kohl zwölf Jahre lang zusammengearbeitet, sich dann aber 1989 mit ihm überworfen. "Im Inneren des eigenen Herzens sagt man sich natürlich selber, das ist so ein unnötiger Krampf gewesen." Und weiter: "Das ist unbegründet und schade, dass es so gelaufen ist, das ist wahr. Aber das war's dann auch."
Das Erste sendet am Montag, 30.3., ab 23.30 Uhr die vom Südwestrundfunk produzierte Dokumentation "Der Kanzler und der Rebell. Kohl, Geißler und der Kampf um die Macht". Beide Politiker feiern in diesem Frühjahr ihren 85. Geburtstag. Der Film zeigt das politische Beziehungsdrama der beiden Männer, die ihr Zerwürfnis damals öffentlich zelebrierten: ein Lehrstück über Freundschaft in der Politik und den Kampf um die Macht.
Noch vor wenigen Wochen hatte Geißler erklärt, zu Helmut Kohl gebe es für ihn "nichts mehr zu sagen". Nun hat er sich doch den Fragen zu seiner langen Beziehungsgeschichte mit Kohl gestellt. Im Abstand von 25 Jahren sieht Geißler den Grund des Zerwürfnisses mit seinem früheren politischen und persönlichen Freund in der unterschiedlichen Auffassung seiner politischen Rolle: "Ich bin nicht Generalsekretär irgendeines Menschen gewesen", sagte Geißler. "Ich war nicht Generalsekretär des Kanzleramtes oder des Bundeskanzlers oder des Parteivorsitzenden, sondern ich war Generalsekretär der Partei."
Im SWR-Interview weist Geißler Helmut Kohls Vorwurf zurück, er habe schon 1988 geplant, Kohl als Parteivorsitzenden zu stürzen: "Nein! Wie soll ich denn für Lügen und Verdrehungen und Fabulierungen und Märchenerzählungen Stellung nehmen? Da begebe ich mich auf dieselbe Ebene. Das kommt nicht in Frage."
Trotz des Bruchs mit Kohl betont Geißler die Übereinstimmung mit ihm in der seiner Meinung nach auch heute entscheidenden politischen Frage: "Wir brauchen nicht weniger Europa, sondern mehr Europa. "Ausdrücklich würdigt Geißler Kohls historischen Beitrag zur Einigung Europas: "Dass Europa vorangekommen ist, das hat Europa, aber auch Deutschland zu einem ganz großen Teil ihm zu verdanken."
Geißler, den Kohl 1967 als Sozialminister nach Rheinland-Pfalz geholt und 1977 zum Generalsekretär der Bundespartei gemacht hatte, spricht heute durchaus differenziert über Kohl. Schon in der Mainzer Zeit habe es Versuche gegeben, Kohl zur Entlassung des Ministers Geißler zu bewegen, weil dessen sozialpolitische Projekte vielen als zu weit links erschienen seien. "Er ist auch Pressionen ausgesetzt gewesen und hat diesen Pressionen standgehalten", sagt Geißler anerkennend. Andererseits sei bereits der frühe Kohl mit seiner Umgebung "nach Gutsherrenmanier" umgegangen. "Er hat die Leute tanzen und singen lassen, hat da seinen Spaß gehabt, wenn er Untergebene in Gang bringen konnte. Daran habe ich mich nicht beteiligt."
In der ARD-Dokumentation äußern sich zahlreiche Weggefährten, aber auch politische Gegner von Kohl und Geißler. Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) sagte, Geißler hätte sein Amt als CDU-Generalsekretär von sich aus früher aufgeben sollen: "Die letzten vier Jahre waren zu viel. Wenn man das zu lange macht, dann verliert man seinen Handlungsspielraum. Jedenfalls ist das meine Erfahrung. Im politischen Raum verbraucht man sich. Ich glaube, Heiner Geißler hätte sein Leben anders entwickelt, wenn er nach der zweiten Legislaturperiode als Generalsekretär gesagt hätte: Ich will's nicht weitermachen."
30. März 2015, 23.30 Uhr, Das Erste: "Der Kanzler und der Rebell. Kohl, Geißler und der Kampf um die Macht". Ein Film von Ina-Gabriele Barich und Thomas Schneider. (Wh. am Mi., 1. April, ab 21 Uhr im SWR Fernsehen).
Akkreditierte Journalisten können den Film vorab im Vorführraum Das Erste unter presse.daserste.de und im SWR-Vorführraum unter SWR.de/kommunikation ansehen.
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