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Mittwoch, 1. Oktober 2008, 0.35 Uhr, Der Fall Siemens: Der Konzern und die Korruption

Mainz (ots)

Mittwoch, 1. Oktober 2008, 0.35 Uhr
Der Fall Siemens: Der Konzern und die Korruption
Film von Michael Haselrieder und Karl Hinterleitner
Es ist der größte Korruptionsskandal der deutschen 
Wirtschaftsgeschichte: 1,3 Milliarden Euro sind bei Siemens in 
Schwarze Kassen geflossen. Der einstige Vorzeigekonzern verfügte über
ein ausgeklügeltes Schmiergeldsystem, um im Ausland Aufträge zu 
ergattern. Siemens-Manager fuhren mit Koffern voller Bargeld ins 
Ausland oder schleusten Millionenbeträge über Tarnfirmen und 
Scheinkonten um die ganze Welt.
Reinhard Siekaczek hat dieses System mit Wissen seiner 
Vorgesetzten aufgebaut. Der mittlerweile verurteilte Manager 
berichtet in seinem ersten und bisher einzigen Fernsehinterview, wie 
das Korruptionssystem funktionierte: "Bei Siemens war es 
flächendeckend in fast allen Bereichen üblich, Schmiergeld zu 
bezahlen." Das sei im Konzern bekannt gewesen - auch im Vorstand. 
"Die Zentralvorstände kamen fast alle aus dem eigenen Haus und waren 
in ihrer Karriere mit dem Thema beschäftigt", sagt Siekaczek.
Besonders hohe Wellen schlägt der Fall Siemens in Griechenland. In
Athen hat der Konzern Politiker und Parteien bestochen, um bei 
lukrativen Geschäften zum Zuge zu kommen - zum Beispiel beim 
griechischen Telefonkonzern OTE. Ein ehemaliger hochrangiger 
OTE-Manager schildert in der Dokumentation, wie Siemens bestochen 
hat, um Aufträge zu völlig überhöhten Preisen abrechnen zu können. 
Als der Insider das System aufdecken wollte, wurde er gefeuert.
Das Geld aus den Schwarzen Kassen hat Siemens auch im eigenen 
Konzern eingesetzt. 50 Millionen Euro sollen an die 
Betriebsräteorganisation AUB geflossen sein. Mit der heimlichen 
Finanzierung wollte der Konzern ein arbeitgeberfreundliches 
Gegengewicht zur IG Metall schaffen. Um unbequeme Gewerkschafter 
unter Druck zu setzten, nutzte Siemens auch andere Methoden: Der 
Konzern ließ 2003 die beiden führenden Betriebsräte der 
Telefon-Sparte überwachen. Erstmals äußert sich der von Siemens 
beauftragte Detektiv vor der Kamera.
Um die Korruptionsaffäre aufzuklären, durchkämmen derzeit hunderte
Siemens-Anwälte die Geschäfte des Konzerns. Die internen Ermittler 
kosten eine Million Dollar pro Tag und kommen aus New York. Denn in 
den USA droht Siemens die größte Gefahr, sagt Peter Eigen, Gründer 
der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International. "Die 
US-Börsenaufsicht SEC kann Siemens auf eine Schwarze Liste setzten 
und so von öffentlichen Aufträgen ausschließen."
Das wäre verheerend für den Konzern, der einen Großteil seiner 
Geschäfte in den USA macht. Dann stünden auch Arbeitsplätze in 
Deutschland auf dem Spiel. Der amerikanische Korruptionsexperte 
Michael Hershman fürchtet, dass Siemens zudem Milliardenstrafen 
zahlen muss. Im schlimmsten Falle drohe dem Traditionskonzern dann 
die Zerschlagung.
Die Siemens-Führung unter dem neuen Vorstandschef Peter Löscher 
versucht die Firma nun aus dem Korruptionssumpf zu ziehen - durch 
radikale Anti-Korruptionsmaßnahmen und Schadenersatzforderungen an 
frühere Top-Manager wie Heinrich von Pierer. Der Fall Siemens hat 
Auswirkungen auf die gesamte deutsche Wirtschaft. Viele Konzerne 
rüsten sich gegen Korruption. Doch wie nachhaltig sind diese 
Bemühungen? Können Unternehmen, die ohne Bestechung arbeiten, in 
korrupten Regionen der Welt überhaupt noch Geschäfte machen?

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