ots.Audio: "Wir waren schon ein echtes Kuriositätenkabinett" Maybrit Illner feiert morgen mit ihrer 500. Sendung ein ganz besonderes Jubiläum INTERVIEW
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Berlin (ots)
Anmoderation:
Bei ihr waren sie alle: Der Dalai Lama, Tony Blair, Gorbatschow, Genscher, Gottschalk, Kerkeling. Und noch viele, viele andere. Und es gibt garantiert kein Thema, das bei ihr nicht besprochen worden ist: Jeden Donnerstagabend nach dem "heute-journal" ist im ZDF Maybrit Illner-Zeit. Seit dem 14. Oktober 1999 moderiert die studierte Journalistin ihre eigene Polit-Talk-Show und feiert jetzt ein ganz besonderes Jubiläum: Am 17. November läuft ihre 500. Sendung. Grund genug für uns, gemeinsam mit Maybrit Illner zurück zu blicken.
Interview Maybrit Illner:
1. Frau Illner, hätten Sie 1999 gedacht, dass es mal 500 Talk-Sendungen werden? Klar, es geht einem wie bei jedem Geburtstag, den man persönlich feiert. Man wundert sich, dass schon so eine erkenntliche Zahl zustande gekommen ist und hat irgendwie trotzdem weiter Spaß dran. Also uns hat es ein bisschen überrollt, dass wir beim durchzählen auf ne 5 und ne 0 und ne 0 gekommen sind. Und können uns aber natürlich vorstellen, dass wir nochmal 500 dranhängen. Das ist gar keine Frage. Solange die Fragen noch nicht ausgehen, glaube ich, kann diese Sendung noch weitergehen. (0:28)
2. Erinnern Sie sich eigentlich noch an Ihre allererste Sendung? Im Nachhinein hatten wir alle das Gefühl, dass die schweren Prüfungen, die einem passieren können in einer solchen Show, alle an diesem ersten Tag passierten. Die Sendung hieß "Streichen bei den Reichen". Hans Eichel war zu Gast, Dieter Hundt war zu Gast, Bernhard Vogel, damals noch Ministerpräsident und von der Gewerkschaft Herr Mai. Und Hans Eichel kam nicht. Also alle Präparationen liefen für diese Welturaufführung und die Schalte ins heute-journal zu Lojo war verabredet, Wolf von Lojewski also. Und all diese Vorbereitungen liefen auf Hochtouren und plötzlich war Hans Eichel verspätet und parallel dazu fiel der Strom aus. (0:41)
3. Und wie ging das Ganze aus? Wir sendeten unsere erste Sendung aus einem Notstromaggregat und mit einem zehn Minuten verspätet kommenden Gast. Und dachten später hinterher, das war jetzt wirklich Feuertaufe im schönsten Sinne des Wortes, oder Schwarzbildtaufe. Und jetzt kann uns wirklich nicht noch viel Schlimmeres passieren. (0:17)
4. 500 Sendungen, 12 Jahre Talk, erinnern Sie sich an einen Donnerstag, an dem es besonders hektisch zuging, weil kurzfristig das Thema geplatzt war oder Gäste ausfielen und alles neu gestrickt werden musste? Istanbul, Madrid, London, also fatalerweise all diese Terroranschläge der letzten Zeit fanden immer an Donnerstagen statt. Was bedeutete, dass wir immer eben ad hoc unsere geplante Sendung, und eigentlich seit Dienstag stehende Sendung dann zur Seite stellten und dann eine neue, aktuelle zusammenbauten. Also da ist man natürlich irgendwann, ich würde jetzt nicht sagen routiniert, aber man ist immer in der Erwartung, dass noch irgendwas passieren kann, wenn sich am Dienstagnachmittag im Grunde alles auf das Schönste zusammenbaut oder braut, warten wir eigentlich Mittwoch oder Donnerstag immer noch darauf, dass noch was passiert. (0`37)
5. Was war aus Ihrer Sicht die beste Sendung? Das ist eine gute Frage, am Ende sind es glaube ich immer mehrere und sie sind sehr verschieden. Was mir und uns allen großartig gefallen hat, war Hape Kerkeling nach der Herausgabe seines Buches "Ich bin dann mal weg" stritt er sich mit Uta Ranke-Heinemann und mit Gregor Gysi um die neue Mystik in diesem Land. Gibt es eine neue große Sehnsucht nach Religion und nach Peter dem Pendelschwinger und sind wir auf dem Weg zurück in die religiöse Bindung? Und das war großes Kino. Wir hatten eine sehr tolle Sendung mit Tommy Gottschalk und Hans-Dietrich Genscher zu der Inauguration von Obama. Und woran ich mich auch erinnere ist ehrlich gesagt ganz was anderes, eine Sendung zu Pflege, Pflegenotstand in Deutschland, mit den entsprechend hässlichen Auswirkungen und den vielen ungelösten Problemen. Und wir hatten ein Schaltgespräch zu einer über hundert Jahre alten Dame in der Eiffel, die leider blöderweise zwei Tage vor der Sendung krank war und nicht physisch zu uns kommen konnte. Und diese Hundertjährige sagte, sie hat jetzt gerade von ihren Siebzigjährigen Söhnen einen Computer geschenkt bekommen, sie will nie in ihrem Leben in ein Altersheim, das fände sie öde und langweilig. Und hat wirklich bei uns allen nachhaltig Eindruck hinterlassen, das war wirklich großes Kino. (1`22)
6. Nicht alle Gäste sind immer nur nett. Mussten Sie auch mal laut werden und einen Gast zurecht weisen? Also ehrlich gesagt unablässig. Also das hängt natürlich auch immer von der konkreten Situation ab. Es gibt Gäste, die fühlen sich, wie auch gerade jetzt, in einer Situation, wo sie merken, dass es ganz gut wäre, den Leuten nicht weiter etwas vorzumachen. Und da muss ich dann gar nicht mehr viel tun. Aber es gibt Gäste, bei denen man das Gefühl hat, sie lesen immer noch ihre Signalkarten von gestern und da wäre es schön, wenn man ein paar Mal nachfragt. Und zwar so lange, bis man das Gefühl hat, endlich eine Antwort auf die gestellte Frage zu kriegen. (0`26)
7. Sie gelten als sehr selbstkritisch. Was kritisieren Sie selbst an der Moderatorin Maybrit Illner? Ich verspreche mich regelmäßig. Claudia Roth habe ich erst neulich zur Chefin von Bündnis 90 die Linke gemacht, was auf großen Beifall im gesamten Auditorium stieß. Oder mein Lieblingsversprecher, das ist bei Gott nun schon ein bisschen her, da war Klaus Zumwinkel noch Chef der Deutschen Post und saß bei uns in der Sendung und wir redeten über Löhne, Löhne in Deutschland, Löhne in China. Und ich wollte von ihm wissen, was eigentlich bei der Deutschen Post ein Zusteller verdient. Und gefragt habe ich ihn aber: "Herr Zumwinkel, was verdient eigentlich bei ihnen ein Zuhälter?" Und natürlich war auch da klar, dass ich nur mit lachen kann, so jetzt nochmal von vorne... Solche Dinge passieren halt und die merkt man sich eher als den einen oder anderen Brüllanfall, den dann mal ein Diskutant hatte. (0`52)
8. Sie moderieren eine politische Talk-Sendung. Geht es da denn auch mal lustig zu? Na wir waren streckenweise auch im Kuriositätenkabinett. Also wir hatten beispielsweise Grönemeyer bei uns zu Gast, der plötzlich am Ende der Sendung sauer darüber war, dass er nicht noch viel mehr auf Helmut Kohl schimpfen durfte. Jens Lehmann war bei uns und wollte staunenden Müttern erklären, dass er seinen Kindern alkoholfreies Bier zu trinken gibt. Wir hatten eine Schalte zu Christoph Daum, damals noch bei Istanbul, der sich genau in dem Moment, in dem wir zu ihm schalten wollten, um ihn zu Gala und zu allen möglichen Sachen zu befragen, entschieden hatte, dass er nochmal kurz in eine Teestube geht und so alle Telefone Alarm schlugen. Und wir hatten Henning Scherf bei uns in der Sendung, der gerade vom Kirchentag kam und plötzlich mit unserem Publikum im Studio anfing, Dona Nobis Pacem zu singen. Also dergleichen mehr ist passiert in zwölf Jahren Sendung. (0`51)
Abmoderation:
Die 500. Sendung "maybrit illner" morgen Abend (17.11.) mit ganz besonderen Gästen: Maybrit Illner erwartet Heino Ferch, Frank Schätzing und Klaus Töpfer. Thema: "Die Gier der Industrie - Wer verdient an den Rohstoffen der Dritten Welt?" Zum allerersten Mal kommt "maybrit illner" bereits um 21 Uhr 45, direkt nach dem zweiten Teil des Umwelt-Thrillers "Verschollen am Kap" mit Heino Ferch. Das ZDF hat in dieser Woche den Themenschwerpunkt "Burnout - Der erschöpfte Planet" im Programm. Neben dem Spielfilm am Montag und Donnerstag und dem Talk von Maybrit Illner gibt es noch eine zweiteilige Dokumentation mit dem Titel "Machtfaktor Erde" von Claus Kleber und Angela Andersen am Montag (14.11.) um 21 Uhr 45 und am Dienstag (15.11.) um 23.00 Uhr. Außerdem eine ebenfalls zweiteilige Dokumentation mit dem Titel "Blut der Welt" von Stefan Aust und Claus Richter am Mittwoch (16.11.) um 23 Uhr 30 und am Donnerstag (17. November) um 23 Uhr 15, also nach Maybrit Illner.
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